Inhaltsbereich
Bürgerinformation zu Grundwasser im Krefelder Norden
Veröffentlicht am: 19.01.2024
Die Karte zeigt die Entwicklung der Grundwasserstände im Dykgebiet.
Grafik. Dr. Strotmann Umweltberatung
Umweltdezernentin Sabine Lauxen: "Freue mich über den guten und sachlichen Austausch"
Über die aktuellen Auswirkungen des Grundwasserstandes im Krefelder Norden hat die Stadtverwaltung gemeinsam mit dem Kommunalbetrieb Krefeld (KBK) sowie externen Experten in einer Videokonferenz informiert. Dabei ging es neben der Entwicklung der Grundwasserstände, dem Betrieb der Pumpenanlage zu den Niepkuhlen und mittelfristigen Plänen für eine Regulierung von Grundwasserhöchstständen auch um mögliche Baumaßnahmen, mit denen die Eigentümer ihre Immobilien schützen können. Rund 125 Bürger nahmen an diesem Digitalformat teil. Moderiert wurde die Informationsveranstaltung von Ralph-Harry Klaer, Vorsteher der Bezirksvertretung Nord. Unterstützt wurde er bei der Aufnahme von Fragen von seinem Amtsvorgänger Benjamin Zander.
Umweltdezernentin Sabine Lauxen, KBK-Vorstand Andreas Horster, sowie die beiden Gutachter, der Hydrogeologe Dr. Reinhold Strotmann und Andreas Borrmann, Sachverständiger für Schäden an Gebäuden, standen im Anschluss auch für Rückfragen der Bürger zur Verfügung. „Ich freue mich über den guten und sachlichen Austausch in dieser Videokonferenz und darüber, dass dieses Gesprächsangebot so gut angenommen wurde. Bei so komplizierten Fragen wie Gebäudesanierung oder Grundwasserstandsentwicklung ist es gut, wenn man die Stimme der Wissenschaft und die Expertensicht zurate zieht. Ich bin den Referenten des Abends deshalb sehr dankbar, dass sie alles so transparent und nachvollziehbar erklärt haben", sagt Sabine Lauxen. „Mein Dank gilt auch Ralph-Harry Klaer für die gute Moderation des Formates."
Rheinhochwasser drückt Grundwasser zurück und sorgte für Rückstau
Der Hydrogeologe Dr. Reinhold Strotmann stellte in seinem Vortrag zunächst dar, dass im hydrologischen Jahr 2023 rund 16 Prozent mehr Niederschlag gefallen ist als im langjährigen Durchschnitt. Vom 1. November 2023 bis zum 8. Januar 2024 fielen insgesamt 302 mm Niederschlag pro Quadratmeter. Das entspricht einer Niederschlagsmenge von circa 40 Prozent des mittleren Jahresniederschlags. In den vergangenen Wochen kam der zeitgleich stark steigende Rheinpegel hinzu. Das Rheinwasser drang in das Umland ein, ufernah stieg der Grundwasserstand an. „Der Grundwasseranstieg breitete sich dann in einer dem Flusswasserstand nachlaufenden, langsamen wellenförmigen Bewegung quer zur Flussachse in Richtung Hinterland aus, so dass die normalerweise auf den Vorfluter Rhein hin gerichtete Fließrichtung umgekehrt wurde. Sinkt der Wasserstand im Fluss wieder, kehrt sich die Fließrichtung langsam um, bis sich schließlich der Normalzustand einstellt", schilderte Reinhold Strotmann. Er skizzierte, dass die höheren Grundwasserstände im Bereich des Rheins zu einem Rückstau des landseitig anströmenden Grundwassers führen, da dieses Grundwasser nicht abfließen kann. Das nachströmende Grundwasser bewirke dann auch eine Grundwassererhöhung im „Hinterland".
Diese Randbedingungen würden die Auswirkung erhöhter Grundwasserneubildung auf die Grundwasserstände verstärken oder überlagern und haben neben den hohen Niederschlagssummen auch zu den seit über 60 Jahren höchsten gemessenen Grundwasserständen im Dykgebiet geführt, so Strotmann. Die intensiven und langanhaltenden Niederschläge hätten in den Niepkuhlen und im Grabensystem des Kliedbruchs die Wasserstände zudem sehr hoch ansteigen lassen. Die Grabensysteme seien an der Kapazitätsgrenze gewesen, die Böden waren gesättigt und es bildeten sich im Bereich der landwirtschaftlichen Flächen häufig Wasserblänken aus.
Tendenz in Krefeld wie im gesamten Bundesland
Reinhold Strotmann verwies auch auf aktuelle Mitteilungen des Landesumweltamtes NRW (LANUV). Demnach sei der Grundwasserstand im Land NRW großflächig gestiegen. „In 58 Prozent aller Grundwassermessstellen wurden im Dezember 2023 hohe, sehr hohe oder sogar ihre höchsten jemals gemessenen Stände ermittelt. Im Vormonat gab es so hohe Werte nur an 40 Prozent der Messstellen", berichtet das Land NRW. Der Anteil der Messstellen mit mittleren, niedrigen und sehr niedrigen Grundwasserständen habe entsprechend abgenommen. Insgesamt seien im Vergleich zum Dezember 2022 in 93 Prozent der Grundwassermessstellen höhere Stände gemessen worden. Generell, darauf verwies Reinhold Strotmann, sind die Grundwasserstände landesweit auf einer Website des Landes NRW im System Elwas auf der Internetseite https://www.elwasweb.nrw.de hinterlegt.
Um die aktuelle Grundwasserspitze zumindest für einen Teilbereich im Dykgebiet reduzieren zu können, hatte die Verwaltung in der vergangenen Woche entschieden, dass die Pumpenanlage wieder in Betrieb genommen wird und die Niepkuhlen mit Wasser befüllt werden. Dies ist allerdings nur so lange möglich, bis der maximale Ausgangspegel der Niepkuhlen erreicht ist. Sabine Lauxen machte deutlich, dass nicht alle Anlieger in gleichem Umfang davon profitieren können, da die Pumpenanlage nur in einem bestimmten räumlich begrenzten Gebiet Wirkung erzielt.
KBK-Vorstand stellt Auswirkung auf Kanäle und Perspektiven dar
KBK-Vorstand Andreas Horster stellte anschließend dar, welche Auswirkungen auf das Kanalsystem zu verzeichnen sind und dass Krefeld ein Trennsystem von Schmutzwasserkanal und Niederschlagswasserkanal habe. Der Abfluss des Regenwassers sei jederzeit sichergestellt gewesen, machte Andreas Horster deutlich. Systembedingt gebe es bei den Kanälen allerdings Undichtigkeiten, die zu einer Drainagefunktion führen können. Grundwasser fließt dann durch undichte Regenwasserkanäle ab und entlastet in der aktuellen Situation die Grundwasserstände. Langfristig müsse bei der Abdichtung des Kanalnetzes die Grundwassersituation mit betrachtet werden. Der KBK erarbeite darüber hinaus ein Bündel von technischen Maßnahmen, um in die Lage versetzt zu werden, Grundwasserspitzen zu regulieren. „Die eine Lösung wird es nicht geben", sagte Andreas Horster.
Abschließend präsentierte Andreas Borrmann, Sachverständiger für Schäden an Gebäuden, Optionen für Eigentümer, wie sie ihre Immobilie gegen steigende Grundwasserpegel schützen können. Häuser, die mit einer weißen Wanne oder einem Betonkeller ausgeführt wurden, können mit relativ geringem Aufwand durch Verpressen im Bereich des Wassereintritts abgedichtet werden. Wer beim Bau seiner Immobilie auf eine Wannen-Lösung verzichtet habe, könne immer noch nachbessern, so Borrmann. Es bestehe sowohl die Möglichkeit eines Schutzes der Keller von innen als auch von außen mit einer nachträglichen Wanne, die jedoch von der Lage des Gebäudes auf dem Grundstück und der angrenzenden Bebauung abhängig sei. Diese Varianten seien allerdings kostspielig, machte Andreas Borrmann deutlich. Viele Bewohner des Krefelder Nordens äußerten im Anschluss an die Fachvorträge im Chat spezielle Fragen an die Experten. Andreas Borrmann konnte dabei für bauliche Maßnahmen generelle Verfahrenswege darstellen und riet, für individuelle Probleme und technische Lösungen Bausachverstände zu kontaktieren.