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Rätsel um geheimnisvollen römischen Graben in Krefeld gelöst
Veröffentlicht am: 21.12.2023
Stadtarchäologe Dr. Hans-Peter Schletter und Dr. Christoph Reichmann, ehemaliger Leiter des Museums Burg Linn, haben bei der Begleitung von Abrissarbeiten in Krefeld-Gellep Spuren eines spätantiken römischen Grabens entdeckt. Es handelt sich quasi um einen „alten Bekannten", dessen Bedeutung und Zweck über Jahrzehnte ein Rätsel darstellte.
Dr. Christoph Reichmann, ehemaliger Leiter des Museums Burg Linn, und Stadtarchäologe Dr. Hans-Peter Schletter (r.) im Winter 2023 vor einem freigelegten Bereich des Grabens. Die rote Markierung wurde nachträglich für eine bessere Wahrnehmung in das Foto montiert. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Andreas Bischof
Bereits bei einer Grabung in den 1950er-Jahren stießen Archäologen auf einen Teil dieses spätrömischen Grabens. Und auch Reichmann in den 1980er-Jahren und zuletzt Schletter (2017/2018) haben weitere Abschnitte gefunden. Nun ist das Geheimnis um den seltsamen römischen Graben gelöst. Es handelt sich um Spuren eines großen, bislang unbekannten Feldlagers der Römer in der Spätantike. Die voneinander unabhängig gefundenen Abschnitte ergeben nun ein Gesamtbild. In der Zusammenschau ergibt die Struktur eines Umfassungsgrabens, der ein Areal von rund zwölf Hektar rund um das Kastell einschloss. Die Schnitte durch den Spitzgraben sind 3-3,30 Meter breit und 1,40 bis 1,60 Meter tief. „Es zeigte sich, dass kein Belagerungsgraben vorliegt", so Reichmann, der eine umfangreiche Publikation über die spätantiken Kastelle in Gellep gerade abgeschlossen hat. Der Graben verlief im Abstand zwischen circa 65 bis zu 115 Meter um das bestehende Kastell herum. Auch bei dem nun erst entdecken Grabenabschnitt konnten zwei Verfüllungen durch eine unterschiedliche Verfärbung von Erdschichten nachgewiesen werden.
Im weiten Bogen um das römische Kastell wurde ein Graben für ein Feldlager ausgehoben. Grafik: Dr. Hans-Peter Schletter, Museum Burg Linn
„Während die Reste der älteren Füllung für ein nur kurzfristig bestehendes Lager weisen, verrät die Füllung des zweiten, exakt im alten Verlauf erneuerten Grabens einen weitaus längeren Aufenthalt der Truppen", berichtet Reichmann. Anscheinend lagerte für eine längere Zeit ein größeres Feldheer in Zelten rings um das Kastell. Bei den verschiedenen Grabungen und auch nun haben die Archäologen Keramikscherben, Münzen, Lagerabfälle sowie Reste von abgeräumten Herdstellen und Öfen gefunden, die eine Datierung zu lassen und zwar nach 330 und vor allem nach 341. Mit diesen Nachweisen konkretisiert sich auch das Bild, wer vor dem Kastell in Gelduba zu dieser Zeit lagerte.
Bei der Grabung 2017/18 wurde ein weiterer Abschnitt des Graben entdeckt. Foto: Stadt Krefeld, Museum Burg Linn
Aus den 1982/83 und 2017/18 freigelegten Grabenabschnitten konnten rund 250 kleine Bronzemünzen geborgen werden. Zudem wurden zahlreiche Münzen aus der Zeit des Feldlagers am Hafen des Kastells gefunden. Offenbar haben Soldaten wie die Einwohner der Zivilsiedlung in Gelduba bei ihren Rheinüberquerungen „Opferpfennige" in den Fluss geworfen. Die jüngsten Münzen wurden ab 341 geprägt. Dies passt zu einem durch die Chronik des Hieronymus aufgeführten Feldzugs des römischen Kaisers Constans (320/323-350) gegen die Franken, die wiederholt römische Bürger überfielen. „Gellep kam damals vermutlich wegen seiner Lage am rheinischen Ausgangspunkt des ins rechtsrheinische Frankenland führenden Hellweges eine besondere strategische Bedeutung zu", erläutert Reichmann. Die Römer besiegten 342 die Franken. Nach längeren Verhandlungen konnte Kaiser Constans einen Friedensvertrag aushandeln, in dessen Folge einem Teil der Franken ein Ansiedlungsrecht auf römischem Reichsboden zugestanden wurde. „Angesichts der Nutzung des Feldlagers rings um das Kastell als längerfristiges Basislager ist sogar nicht auszuschließen, dass Kaiser Constans zeitweilig persönlich vor Ort gewesen ist", so Reichmann. Schließlich bot das Praetorium, ein zentrales Gebäude in einem Kastell, eine auch unter Feldzugsbedingungen ausreichend ausgestattete Unterkunft - selbst für einen römischen Kaiser.
Bei der Grabung 2017/18 wurde ein weiterer Abschnitt des Graben entdeckt. Foto: Stadt Krefeld, Museum Burg Linn
„Gelduba - das Kastell in der spätantiken Zeit" heißt die jüngste Publikation von Dr. Christoph Reichmann, dem ehemaligen Leiter des Museums Burg Linn. Der Archäologe hat darin nun neue Forschungsergebnisse und Erkenntnisse über die letzten Jahre der Römer und das folgende frühe Mittelalter in Krefeld-Gellep veröffentlicht. Reichmann leitete von 1994 bis 2016 das Museum Burg Linn. Bereits als stellvertretender Museumsleiter übernahm er 1982 die Ausgrabungen im Kastell. Seit seiner Pensionierung arbeitet weiter an der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Funde in Krefeld-Gellep. Das Buch „Gelduba - das Kastell in der spätantiken Zeit" (72 Seiten mit zahlreichen Fotos, Abbildungen und Karten) kostet 15 Euro im Museumsshop.
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