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Römisches Recycling

Wie an anderen Orten am Niederrhein so wurde auch die römische Festungsanlage in Gelduba im Mittelalter und der Frühen Neuzeit als Steinbruch für neue Gebäude genutzt. Diese Form des Recyclings betrieben die Römer bereits selbst, in dem sie Bauteile und andere Überreste wie Teile von Reliefs oder Skulpturen, Friese und Säulenreste verwendeten, um sie für Fundamente oder für das Mauerwerk wieder zu gebrauchen. Im Hof des Archäologischen Museums Krefeld steht ein fast 2000 Jahre alter römischer Reliefblock, der vor 35 Jahren während einer Grabung als Fundament für einen Turm (um 306 bis 308) des spätantiken Kastells gefunden wurde. An zwei Seiten trägt er Reliefs, die wesentliche Anhaltspunkte darüber geben, an welcher Stelle der Stein in einem Grabmonument verbaut war und welche Ausmaße dieses Monument hatte. Dabei kommen vier Varianten in Frage: „Selbst in der Ausführung mit einem niedrigen Sockelmaß besaß das Monument mindestens eine Höhe von 7,50 Meter, eher ist jedoch von etwa neun oder sogar elf Meter Höhe auszugehen", erklärt die Archäologin Dr. Annette Schieck.

Grabmal eines wohlhabenden Römers

Außerdem lässt die Ausführung der Reliefs darauf schließen, dass das römische Pfeilergrabmal im frühen ersten Jahrhundert nach Christus entstanden ist. An der Vorderseite des Steins, die auch die Vorderseite des Monumentes war, ist unter anderem die linke Schulterpartie eines Mannes zu erkennen: Erhalten ist er ab der Brust. Vom Gesicht ist ebenfalls nur die linke Wange vorhanden, die glattrasiert ist, sowie das Ohr und der Haaransatz einer Kurzhaarfrisur. „Bemerkenswert ist die Gestaltung des Ohres, henkelförmig und unorganisch, wirkt es wie nach vorne geklappt. Darin entspricht es Darstellungen auf römischen Grabreliefs der ersten Jahrzehnte des ersten Jahrhunderts nach Christus", sagt Schieck. Der dargestellte Mann ist mit einer Tunika und einer Toga bekleidet, welche ihn als römischen Bürger kennzeichnen. Die Tragweise der Toga wurde vor allem von Personen griechisch geprägter Herkunft mit erworbener römischer Staatsbürgerschaft bevorzugt. „Somit lässt sich annehmen, dass der Grabinhaber mit dem römischen Militär in die Rheinregion gekommen ist, sich nach Ablauf seiner Dienstzeit niedergelassen hat und zu Wohlstand gekommen ist", so Schieck. Er wählte für sein Gedenken ein Bauwerk, bei dem es sich nicht um ein einzigartiges Monument handelt, sondern um einen Typ, der in einer gewissen Variationsbreite mehrfach im Rheinland, insbesondere in Köln und vielleicht auch in Gellep, errichtet wurde.

 

 

Gelleper Reliefblock
Der Stein eines Grabmals diente als Fundamentstein für das spätantike Kastell in Gellep.
Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Grabmal könnte in Köln gestanden haben

Enge Parallelen zu dem Gelleper Block finden sich vor allem in Köln. Besonders zu nennen ist das Grabmal des Poblicius im Römisch-Germanischen Museum in Köln, das fast 15 Meter hoch ist und in der Zeit von 42 bis 50 nach Christus errichtet wurde. Zudem lassen sich Prinzipien über die Bauweise aus dem Buch „Über die Baukunst" von Marcus Vitruvius Pollio, einem Architekten des ersten Jahrhunderts, ableiten. Der Bau mit dem Gelleper Reliefblock wirkte wegen der Größe imposant und stand vermutlich an einer größeren Ausfallstraße. „Ob sich sein Standort jedoch in oder bei Gelduba befunden hat, oder möglicherweise in Köln, muss derzeit unbeantwortet bleiben", so Schieck.

 

 

 

 

Neuigkeiten rund um das Welterbe:

Unesco-Welterbe: Neue Informationstafel am Kastell-Areal in Krefeld
Der erste Schritt zur Erschließung des Unesco-Welterbe-Areals in Krefeld-Gellep wurde gemacht: Am geplanten Zugang auf das Kastellgelände im Bereich Castellweg/Legionsstraße ist nun eine Informationstafel „Grenzen des Römischen Reiches – Niedergermanischer Limes“ aufgestellt worden.
Eine der ersten Informationstafeln zum Unesco-Welterbe "Niedergermanischer Limes" wurde in Krefeld aufgestellt. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Andreas Bischof
Limes-Sonntag am 28. Juli im Archäologischen Museum Krefeld
Das Archäologische Museum Krefeld veranstaltet den „Limes-Sonntag“ am 28. Juli von 11 bis 18 Uhr anlässlich der Anerkennung des Kastells Gelduba als Welterbe-Stätte am Niedergermanischen Limes. Der Eintritt in das Archäologische Museum an der Rheinbabenstraße und das Programm sind an diesem Tag kostenfrei.
Beim Welterbe-Geburtstag werden auch "echte" Römer ihr Können präsentieren und Besucher deren Fragen beantworten. Foto: Henner Fotista
Zertifikatskurs „Limes-Cicerone“ der Deutschen Limeskommission
Mit dem Kastellareal Gelduba und den dort entdeckten Funden gehört Krefeld seit 2021 zu den Unesco-Welterbestätten am Niedergermanischen Limes. Die Deutsche Limeskommission bietet Interessierten einen Zertifikatskurs „Limes-Cicerone“ für dieses Unesco-Welterbe an.
Modell des Kastells in Krefeld.
Krefeld erhält Besucherzentrum für das Unesco-Welterbe
Im Archäologischen Museum Krefeld wird ein Besucherzentrum für das Unesco-Welterbe „Grenzen des Römischen Reiches – Niedergermanischer Limes“ eingerichtet. Zwischen Köln und Xanten soll es der Anlaufpunkt für Limes-Besucher und Touristen werden.
Oberbürgermeister Frank Meyer und Museumsleiter Dr. Boris Burandt bei der Vorstellung der Pläne zur Vermittelung des Unseco-Welterbes Niedergermanischer Limes in Krefeld. ´Hier im neuen Welterbe-Raum innerhalb der Dauerausstellung im Archäologischen Museum Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk Jochmann
Erste Ausstellung über die Bataverschlacht in Deutschland
Die Luft ist erfüllt vom Geschrei, Pferde wiehern, Klingen von Schwertern scheppern aneinander. Der Angriff der Bataver in Gelduba kam für die Römer völlig überraschend. „Die Folge war keine Schlacht, sondern ein Schlachten", schildert der römische Historiker Tacitus in seinen „Historien" die dramatische Situation.
Titelbild. Miniaturansicht der Bataverschlacht in Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer