Inhaltsbereich
Auszeichnung: Sechs Preisträger und ihr besonderes „Heimatgefühl“
Veröffentlicht am: 30.03.2022
Die Preisträger der Jahre 2020 und 2021 wurden im Rathaus von Oberbürgermeister Frank Meyer (M.) empfangen: (v.l.) Hansgeorg Hauser (Haus der Seidenkultur), Mary Dominic (das tägliche brot), Florian Funke (wirstadt.org), Rolf Birmes (MGV Gellep-Stratum), Hans-Peter Glasmacher (Siedlergemeinschaft Edelstahl), Jens Nowicka (Home-Trail Krefeld).
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, A. Bischof
Oberbürgermeister verleiht Heimatpreis für die Jahre 2020 und 2021
Die Stadt Krefeld hat am Dienstag den Heimatpreis 2020 und 2021 an insgesamt sechs ehrenamtliche Initiativen verliehen. Aufgrund der Corona-Pandemie musste die Veranstaltung in den vergangenen zwei Jahren ausfallen und wurde nun in feierlichem Rahmen im Historischen Ratssaal nachgeholt. Im Hinblick auf die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, deren Heimat angegriffen wurde und die nun heimatlos in einem für sie fremden Land ankommen, erklärte Oberbürgermeister Frank Meyer in seiner Ansprache: „Vielleicht ist es gerade in solchen Zeiten eine gute Idee, einen Heimatpreis zu verleihen: Denn diese Auszeichnung macht uns in ihrer Vielfalt und Offenheit bewusst, wie viele Gesichter Heimat hat und wie wertvoll das Gefühl für Heimat in unserem Gemeinwesen sein kann."
Das sind die Sieger
Der Heimatpreis wurde vom Land NRW ins Leben gerufen: Er geht an Bürger, Verbände, Vereine und Vereinigungen, die sich in besonderem Maße lokal engagieren sowie innovative, nachahmenswerte Projekte im Bereich Heimat initiieren. Für beide Jahre musste die Jury die Preisträger aus jeweils rund 25 Bewerbungen auswählen. Für das Jahr 2020 wurden das Haus der Seidenkultur, die Organisation „das tägliche brot" und die Gruppe wirstadt.org prämiert, im Jahr 2021 ging der Preis an die Siedlergemeinschaft Edelstahl, den Verein Home-Trail Krefeld und den Männergesangsverein Gellep-Stratum. Neben einer Trophäe erhielten die Sieger Beträge von gestaffelt je 7.500 Euro, 5.000 Euro und 2.500 Euro.
Haus der Seidenkultur: Hansgeorg Hauser
„Wenn wir in Krefeld über Heimat sprechen, dann liegt der Gedanke an Samt und Seide nicht fern, und wer an Samt und Seide denkt, hat schnell das Haus der Seidenkultur vor Augen", sagte Oberbürgermeister Frank Meyer über den ersten Preisträger des Jahres 2020. „Als Ort für Stadtgeschichte und Stadtidentität verkörpert es ein Stück Heimat im Herzen Krefelds. Wenn wir ‚Stadt wie Samt und Seide' sagen, soll das ja mehr sein als ein Slogan: Was diese Worte wirklich bedeuten, zeigt unter anderem das Haus der Seidenkultur." In dem kleinen Museum an der Luisenstraße steht der einzige an authentischer Stelle erhaltene Jacquard-Handwebsaal in Europa, gebaut 1868, genutzt bis 1992, um sogenannte Paramente zu weben, Priestergewänder und andere Stoffe für die katholische Kirche. Ein Förderverein unter der unermüdlichen Führung von Hansgeorg Hauser hat dort über viele Jahre ein Museum aufgebaut, in dem altes Handwerk lebendig wird, das aber auch immer wieder mit Sonderausstellungen von sich reden macht. „Der Verein hat für die Stadtgesellschaft ein Museum geschaffen, das Geschichte lebendig macht und damit auch in Gegenwart und Zukunft weist", so Frank Meyer.
"das tägliche brot": Mary Dominic
Der zweite Heimatpreis für 2020 ging an „das tägliche brot". Die Initiative wurde im Jahr 2007 im Pastoralteam der Gemeinde Papst Johannes XXIII. gestartet, um einkommensschwache Familien in der Innenstadt zu unterstützen. Mit der Krefelder Tafel als Kooperationspartner begann die Gemeinde, Lebensmittel zu sammeln und fährt dafür auch mit einem eigenen Fahrzeug Supermärkte und Bäckereien an, um dort übrig gebliebene Waren mitzunehmen. Am Anfang kamen rund 30 Bedürftige zur Ausgabe, heute sind es mehr als 250 - wobei viele von ihnen eine ganze Familie zu versorgen haben. Mit dem vermehrten Zuzug geflüchteter Menschen ab 2015 kamen auch immer mehr Menschen aus Syrien, Irak und Iran als Gäste zu „das tägliche brot" und wurden teilweise auch ehrenamtliche Mitarbeitende. „Wenn wir über Heimat sprechen, stehen Armut, Not und Mangel nicht gerade auf der Liste populärer Themen, aber auch diese soziale Wirklichkeit ist Teil von Krefeld: Ohne ‚das tägliche brot' wären die Gäste, die diese Unterstützung dringend brauchen, im gewissen Sinne heimatlos", sagte der Oberbürgermeister in seine Rede.
wirstadt.org: Florian Funke
Der dritte Preis ging an die Initiative wirstadt.org - Labor für Stadtkultur. In der Gruppe haben sich Akteure aus den Feldern Architektur, Stadtplanung, Kunst, Design und Handel zusammengefunden, um, wie sie selbst sagen, „Krefelder Potenziale aufzuspüren". Konkrete Projekte sind zum Beispiel die Ausstellung „Das Krefelder Haus" zum Thema Wohnen in der Innenstadt, eine Internetseite zu den vier Wällen oder die mit anderen Organisationen entwickelte Idee zu einem Pop-Up-Radweg auf der St.-Anton-Straße. „Wirstadt.org schreckt vor Debatten nicht zurück - die Gedanken und Ideen, die von der Gruppe in die öffentliche Diskussion getragen werden, sind gelegentlich provokant, manchmal gegen den Strich gebürstet, aber in der Regel spannend und fundiert. Heimat ist ja kein statisches Konzept, sie darf und muss sich verändern - und dazu braucht es auch Menschen, die sich mit dem „Was wäre, wenn" beschäftigen, die Konjunktive in den öffentlichen Raum stellen und Visionen in den Austausch der Meinungen einfließen lassen", erklärte der Oberbürgermeister in seiner Laudatio.
Siedlergemeinschaft Edelstahl: Hans-Peter Glasmacher
Im zweiten Teil der Veranstaltung im Ratssaal ging es um die Preisträger 2021, also zunächst um die Siedlergemeinschaft Edelstahl. Historisch ist diese Wohnsiedlung eng mit der Krefelder Industriegeschichte verknüpft, weil dort ursprünglich nur Mitarbeitende der Deutschen Edelstahlwerke ihr Haus bauen durften. Die Kameradschaft, die damals unter den Kollegen herrschte, fand ihren Ausdruck in der Gründung der Siedlergemeinschaft vor mehr als 80 Jahren, im Jahr 1940. Seitdem haben sich sowohl die Edelstahlwerke, die heute zum finnischen Konzern Outokumpu gehören, als auch die Zusammensetzung des Quartiers stark gewandelt. „In Großstädten wie Krefeld ist es alles andere als selbstverständlich, dass in Nachbarschaften oder Quartieren echte Gemeinschaften entstehen, die ihre Zugehörigkeit und, wenn man so will, ihr ‚Heimatgefühl' nach innen und außen leben. Die Siedlergemeinschaft Edelstahl ist ein Paradebeispiel, wie Gemeinschaft im Quartier funktionieren kann", sagte Frank Meyer. Diese Anerkennung bezieht sich nicht nur auf Feste und gesellige Anlässe, sondern auch auf die regelmäßig tagende Stadtteilkonferenz und konkrete Aktionen und Projekte im Quartier, um zum Beispiel die Verkehrssicherheit oder die Sauberkeit zu erhöhen.
Home-Trail Krefeld: Jens Nowicka
Den zweiten Preis für 2021 erhielt der junge Verein Home-Trail Krefeld, der erst 2016 gegründet wurde, aber bereits mehr als 200 Mitglieder hat. Ursprüngliches Ziel der Vereinsgründer war die Legalisierung der lange Zeit nur geduldeten Mountainbike-Strecke am Inrather Berg. Heute gibt es am höchsten Berg Krefelds drei offizielle Mountainbike-Strecken, die vom Verein instandgehalten, gepflegt und ausgebaut werden. „Der Verein hat mit seiner Arbeit ein Stück Heimat für begeisterte Mountainbiker aus der ganzen Region geschaffen - und stellt damit ja auch ganz explizit eine Stärke unserer Stadt heraus. Krefeld hat viel Natur zu bieten, die am Inrather Berg im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Rad er-fahr-bar wird. Außerdem ist die Sportstadt Krefeld durch die drei top gepflegten Strecken um eine Attraktion reicher geworden und inzwischen in der Szene sogar überregional bekannt", lobte der Oberbürgermeister das Engagement.
Männergesangberein Gellep Stratum: Rolf Birmes
Mit dem dritten Preis für den Männergesangverein Gellep Stratum ging die Veranstaltung schließlich zu Ende. Der Verein verfügt unter anderem über eine etwa 20-köpfige Jugendabteilung und singt - dank des Chorleiters Daniel Schaaf - auch Stücke von Abba, Westernhagen und Udo Lindenberg. „Es handelt sich nicht um einen jener Vereine, die ständig im Hinterzimmer proben, um einmal im Jahr für ein kleines Konzert zum Vorschein zu kommen - nein, die Sänger des MGV bestimmen das Leben im Stadtteil ganzjährig aktiv mit und bringen sich an vielen Stellen ein", betonte Frank Meyer in seiner Rede. „Wer Musik mag, der weiß, dass sie immer auch ein Stück Heimat bedeutet - doch die Aktivitäten des MGV in Gellep-Stratum gehen deutlich darüber hinaus: Die Sänger prägen das Leben im Stadtteil mit und sind in ihrer Heimat ein echter Aktivposten."