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Bandoneonspieler-Gruppe an der Neusser Straße wieder komplett

Veröffentlicht am: 23.08.2022

Zur Installation der nun wieder vollständigen Bandoneon-Gruppe vor dem Hansa-Centrum kamen am Dienstag (v.l.) Ursel Lehmann (Witwe des Bildhauers Peter Lehmann), Christine Prause (Förderverein Kulturbüro), Günter Puff (ehemaliger Manager des Hansa-Zentrums), Dr. Gabriele König (Kulturbeauftragte), Tim Pelzer (Kulturstiftung Sparkasse), Enno Lehmann (Sohn von Peter Lehmann) und Jürgen Eichendorf (Kulturbüro) zusammen. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk Jochmann
Zur Installation der nun wieder vollständigen Bandoneon-Gruppe vor dem Hansa-Centrum kamen am Dienstag (v.l.) Ursel Lehmann (Witwe des Bildhauers Peter Lehmann), Christine Prause (Förderverein Kulturbüro), Günter Puff (ehemaliger Manager des Hansa-Zentrums), Dr. Gabriele König (Kulturbeauftragte), Tim Pelzer (Kulturstiftung Sparkasse), Enno Lehmann (Sohn von Peter Lehmann) und Jürgen Eichendorf (Kulturbüro) zusammen.
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk Jochmann

Denkmal erinnert an den Instrumentenerfinder Heinrich Band aus Krefeld

Das Denkmal einer vierteiligen Bandoneonspieler-Gruppe am Hansa-Centrum ist seit Dienstag wieder komplett. Anfang 2019 waren aus dem Ensemble an der Neusser Straße der Junge und das Mädchen gestohlen worden, vermutlich von Metalldieben. Die Skulptur erinnert an den 1821 in Krefeld geborenen Heinrich Band und sein Instrument, das Bandoneon.

Die Figurengruppe wurde bei der Eröffnung des Hansa-Centrums im Jahr 1987 auf dem Vorplatz aufgestellt, seinerzeit initiiert vom Bauherrn Emil Bast. Sie stammt vom dem Bildhauer Peter Lehmann (1921-1995). Dessen Sohn Enno Lehmann, der ebenfalls Bildhauerei an der Akademie für Künste in München studiert hat, konnte die gestohlenen Kinderfiguren nachbilden. Er ist künstlerisch-technischer Lehrer in der Werkstatt für Maltechniken an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Die nachgebildeten Figuren wurden in der ursprünglichen Gießerei Richard Barth in Rinteln im Weserbergland gegossen.

Förderung durch die Sparkassen-Kulturstiftung

Der Förderverein für das Kulturbüro, der sich als eine Art Pate des Bandoneons versteht, war im Jahr 2020 an die Sparkassen-Kulturstiftung herangetreten und hatte eine Förderung für die Komplettierung der Figurengruppe beantragt. „Es war uns wichtig, dieses Denkmal mit seinem starken Bandoneon-Bezug für die Zukunft zu erhalten. Deshalb freuen wir uns sehr, dass Sparkassen-Kulturstiftung das Projekt der Wiederherstellung finanziell unterstützt hat", sagt Christine Prause, 2. Vorsitzende des Fördervereins. Lothar Birnbrich, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Krefeld, erklärt dazu: „Die Sparkassenstiftung fördert seit 1986 Kulturprojekte in Krefeld. Die Verbindung des Bandoneons mit der Stadtgeschichte Krefelds ist unverkennbar. Rechtzeitig zum 650. Stadtjubiläum im kommenden Jahr konnten wir dabei helfen, ein Mosaikstück zu füllen."

Enno Lehmann ist der Sohn von Peter Lehmann. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Enno Lehmann ist der Sohn von Peter Lehmann.
Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Enno Lehmann bildete die Figuren nach

In der Krefelder Öffentlichkeit verkörpert die Figurengruppe an der Neusser Straße, Ecke Hansastraße das Erbe von Heinrich Band in seiner Geburtsstadt. „Mein Vater beschäftigte sich seinerzeit intensiv mit Heinrich Band und dem Bandoneon, lud Bandoneonspieler ein und ließ sich von ihnen das Wesen und Besondere des Instrumentes vorführen und darlegen", erinnert sich Enno Lehmann. Die Recherchearbeit seines Vaters habe ergeben, dass für ihn Heinrich Bands Haltung, die Menschen, die Musik und das Leben zu lieben, die charakteristische Eigenheit sei, die in dem Denkmal zu würdigen war. Die dargestellten Menschen drücken ihre Empfindungen durch Körpersprache aus, etwa das Mädchen, das sich der Musik träumerisch kindlich tanzend hingibt.

Nach dem Diebstahl der Kinderfiguren wandte sich die Stadt Krefeld an die Familie Lehmann, mit der Frage, ob und wie die Gruppe wieder ergänzt werden könnte, zunächst in der Hoffnung, dass vielleicht noch Formen vorhanden wären. Dies war leider nicht der Fall. „Wir einigten uns in der Familie darauf, anzubieten, dass ich sie nachbilden würde. Das Angebot wurde angenommen und so galt es für mich, die beiden Figuren nach Fotos wieder zu erstellen und mich dafür in die Arbeitsweise und Ansinnen meines Vaters zu vertiefen, einzufühlen, zu erinnern, wie er sprach, wie er dachte, wie er sich bewegte, zu spüren, wie seine Hände arbeiteten, wie er sich das Thema erschloss", berichtet Enno Lehmann. „Ich wollte seinen Ansatz verstehen, seine Arbeit respektieren und würdigen, die Figuren so herstellen, dass es nicht auffallen sollte, dass sie neu erstellt wurden." Dennoch sei das sichtbar und dürfe es auch sein, ähnlich dem Ansatz, der heute in der Restaurierung gelte, dass die Retuschen erkennbar sein und sich doch unauffällig einfügen sollen.

Wie lange sein Vater seinerzeit daran arbeitete, sei nicht überliefert. Man könne aber von gut anderthalb Jahren ausgehen. „Dabei sollte verstanden werden, dass es nicht nur um tägliche acht Stunden handwerklicher Arbeit geht, sondern auch geistiger und seelischer Arbeit bedarf", so Lehmann. Sein Vater arbeitete in Bissel im Landkreis Oldenburg und ließ bei Barth in Rinteln gießen. Er habe an den Figuren über einen Zeitraum von mehr als vier Monaten gearbeitet. „Ich erstellte die Figuren in Stuttgart und Freising und ließ ebenfalls bei Barth gießen", berichtet Lehmann. Und nun steht die Figurengruppe wieder an ihrem angestammten Platz.

Bandoneon-Festival läuft in diesem Jahr zum 15. Mal

In Erinnerung an den Ursprungsort des Bandoneons und Heinrich Band veranstaltet das Kulturbüro der Stadt Krefeld seit 1985 das Bandoneon-Festival, in diesem Jahr zum 15. Mal. Zudem verleiht der Förderverein des Kulturbüros in Zusammenarbeit mit der Sparkassen-Kulturstiftung Krefeld alle zwei Jahre den Krefelder Bandoneon-Preis. Im Jagdschloss des Museums Burg Linn in Krefeld wird zudem eine kleine Dauerausstellung gezeigt. Die Städte Krefeld als Geburtsstadt von Heinrich Band und Mar del Plata als Geburtsstadt des berühmten Tango-Komponisten Astor Piazzolla haben 2021 entschieden, stärker miteinander zu kooperieren.

Der Musiklehrer und Instrumentenhändler Heinrich Band beschrieb in einem zeitgenössischen Werbeprospekt, dass er daran gearbeitet habe, das „Accordion" zu verbessern. Dem „verbesserten" Instrument sei „der Name Bandonion beigelegt worden". Band baute die Bandoneons allerdings nicht vollkommen selbst, sondern ließ sie im sächsischen Waldheim nach seinen Spezifikationen produzieren. Nach der Auslieferung übernahm er jedoch noch das Stimmen der Instrumente. Nach dem Tod von Heinrich Band 1860 führte seine Familie das Unternehmen weiter.

Das Bandoneon entwickelte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Südamerika zum Hauptinstrument des Tangos. In den 1930er-Jahren veränderte sich erst die Schreibweise von Bandonion zu Bandoneon. Vor allem durch Tango Nuevo von Astor Piazzolla (1921-1992) erlebte der Tango und dessen Instrument, das Bandoneon, auch in Europa in den 1980er-Jahren eine Renaissance.