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Bewegender Auftakt in die Aktionswochen gegen Rassismus
Veröffentlicht am: 15.03.2024
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Auf den ersten Blick haben Zehra Bal, Benaissa Lamroubal und Michael Gilad nicht allzu viel gemein. Bal arbeitet als Sozialpädagogin. Lamroubal steht als Comedian auf der Bühne. Und Gilad ist Dentallaborant und Unternehmer im Ruhestand. Dennoch haben sie eine traurige Verbindung: Sie oder ihre Familien haben alle schon rassistische und diskriminierende Situationen erleben müssen. Und sie reden drüber. So auch am 11. März im Hannah-Arendt-Gymnasium. Hier fand die Eröffnungsfeier der Internationalen Wochen gegen Rassismus statt, die das Kommunale Integrationszentrum (KI) federführend koordiniert. Die Aktionswochen sollen für den Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung sensibilisieren und Toleranz, Vielfalt und Inklusion fördern. Dass der Auftakt ins Hannah-Ahrendt-Gymnasium gelegt wurde, war kein Zufall. Die Schule ist jüngstes Krefelder Mitglied im Netzwerk Schule ohne Rassismus.
Sengül Safarpour, Leiterin der Abteilung Integration, bekräftigte bei der Eröffnungsfeier: „Bei den Internationalen Wochen gegen Rassismus geht es darum, dass wir mit unseren Stimmen Stimmung gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung machen." Dr. Silvia Fiebig, Integrationsbeauftragte der Stadt Krefeld, betonte die enorme Bedeutung von Schulen als den zentralen Lebensmittelpunkt: „Schulen sind mit ihren jungen Menschen sowie den Lehrerinnen und Lehrern, Schulsozialarbeitenden und Schulleitungen ein ganz wichtiger Motor und Impulsgeber für die Stadtgesellschaft, wenn es um Prävention gegen Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierungsformen jeglicher Art geht", sagte Fiebig und appellierte an die Schülerinnen und Schüler, sich aktiv einzubringen. „Die jungen Menschen haben als nächste Generation und Erwachsene der Zukunft eine große Verantwortung und Mitgestaltungsmöglichkeit. Gemeinsam mit gleichgesinnten erwachsenen Verbündeten und Unterstützern können sie ihre Grundhaltung und Ideen für ein friedliches, respektvolles Miteinander einbringen. Wichtig ist: niemals aufgeben und resignieren!"
Beim Auftakt der Internationalen Wochen gegen Rassismus mit dabei waren (von links) Comedian Benaissa Lamroubal, Abteilungsleiterin Integration Sengül Safarpour, Schulleiter des Hannah-Arendt-Gymnasiums Hans-Jörg Richter, Irina Golmann und Özben Önal vom Kommunalen Integrationszentrum sowie Sozialpädagogin Zehra Bal, Integrationsbeauftragte Dr. Silvia Fiebig und Fachbereichsleiter Migration und Integration Andreas Pamp. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk Jochmann
Die Eröffnungsfeier, an der neben Sengül Safarpour und Silvia Fiebig unter anderem auch Fachbereichsleiter Andreas Pamp sowie die Leiterin der Gemeinwesenstelle Dr. Sabrina Lesch teilnahmen, war eine Mixtur aus vielerlei Emotionen und Gefühlslagen. Dafür hatten die Schüler des Hannah-Arendt-Gymnasiums und der städtische Fachbereich mit einem vielschichtigen Programm gesorgt. Es wurde gelacht, es wurde ernst. Die Stimmung war mal fröhlich, häufig aber auch nachdenklich.
Comedian Benaissa Lamroubal stellt sich Thema mit Humor
Benaissa Lamroubal stellt sich dem Thema Rassismus und Diskriminierung mit Humor. 1979 im marokkanischen Nador geboren, zogen seine Eltern mit ihm als Kind nach Deutschland. Heute ist Lamroubal ein erfolgreicher Comedian und Mitglied des Ensembles „RebellComedy". In seinem Programm greift er immer wieder den eigenen biografischen Hintergrund und die damit einhergehenden Alltagssituationen und -probleme auf. Lamroubal führte mit wiederkehrenden Kurzauftritten durchs Auftaktprogramm. Anekdotisch berichtete er über seine Erlebnisse als Sohn einer Gastarbeiterfamilie. Noch heute passiert es, dass er für sein „gutes Deutsch" gelobt wird - obwohl er seit über 40 Jahren in Deutschland lebt. Und auch den Satz „Geh dorthin, wo du hergekommen bist" wurde Lamroubal schon auf offener Straße ins Gesicht geschrien. Der Neusser hat seinen Weg gefunden, mit solchen Erlebnissen umzugehen. „Man denkt immer, dass Comedy und diese ernsten Themen Gegensätze sind. Aber das ist nicht so. Gerade der Satiremantel erlaubt es, Dinge zu thematisieren, die eigentlich tabu oder erdrückend sind. In erster Linie lacht man dann, aber schon auf dem Weg nach Hause fängt man an, über diese Themen nachzudenken und den Wahrheitsgehalt zu entdecken. Ich versuche, Schmerz in Humor umzuwandeln."
Emotional wurde es beim Einwanderungsmärchen, das Zehra Bal vorführte. Sie nahm das Publikum mit auf eine Reise, die 1963 begann, als Ömer aus der Türkei nach Deutschland kam. Höchstens für zwei, drei Jahre, um etwas Geld für ein kleines Haus und ein Auto in der geliebten Heimat an der Schwarzmeerküste zu sammeln - so der Plan. Ömer arbeitete im Bergbau unter Tage, kurze Zeit später kam auch sein Sohn Halis nach. Ömer, Halis und ihre Familien blieben für immer in Deutschland. Das Einwanderungsmärchen stand stellvertretend für die abertausenden Familiengeschichten von Türken, Italienern oder Polen, die in den 1960er-Jahren nach Deutschland kamen. In der Aula des Hannah-Ahrendt-Gymnasiums saß nach der intensiv dargebotenen Vorstellung in Reihe eins ein gerührter Mann. Es war Halis, Zehra Bals Vater. „Mir war es sehr wichtig, die Geschichte meines Vaters und Opas zu erzählen. Es ist die Geschichte aller Gastarbeiter in Deutschland", meint Bal, die in der neuen Antidiskriminierungsstelle Krefeld arbeitet.
Bedrückende Schilderungen von Michael Gilad
Michael Gilad sagt, dass er die Geschichte seiner Familie aus zweiter Hand erzähle. Doch als er seine ganz persönlichen Erlebnisse als Jude in Deutschland schilderte, herrschte in der Aula eine bedrückende Stille. In den vergangenen Jahren wurde der 1946 in Lübeck geborene Gilad beleidigt, bespuckt und geschlagen. „Antisemitismus ist eine chronische Krankheit", so Michael Gilad. Seine Eltern hatten die Konzentrationslager Bergen-Belsen und Stutthof überlebt. Einen Großteil seiner Familie ermordeten die Nazis. Als kleines Kind wanderten Gilads Eltern mit ihrem Sohn nach Israel aus. In den 1960er-Jahren lernte dieser dort eine Krefelderin kennen und kehrte mit ihr zurück nach Deutschland. Über 40 Jahre war Gilad im Vorstand der Jüdischen Gemeinde in Krefeld. Und noch heute besucht er Veranstaltungen wie die Eröffnungsfeier. Er möchte mit jungen Menschen ins Gespräch kommen. „Nur durch Sprechen können wir Klischees abbauen und die Welt vielleicht ein kleines bisschen besser gestalten", sagte Gilad, der seinen eindrücklichen Vortrag mit einem Appell beschloss, der sinnbildlich steht für die Essenz der Internationalen Wochen gegen Rassismus: „Seid Menschen!"
Motto: „Alle für Menschenrechte, Menschenrechte für alle"
Jedes Jahr am 21. März wird der Internationale Tag gegen Rassismus begangen. Er wurde 1966 von den Vereinten Nationen (UNO) ausgerufen. Um diesen Tag herum finden die Internationalen Wochen gegen Rassismus in zahlreichen Kommunen im ganzen Bundesgebiet statt. In diesem Jahr fallen sie unter das Motto „Alle für Menschenrechte, Menschenrechte für alle". Neben der Antidiskriminierungsstelle und dem Psychologischen Dienst der Stadt Krefeld sind auch das Netzwerk Schule ohne Rassismus und das Projekt Wegweiser in die diesjährige Organisation eingebunden. Das Krefelder Angebot in den Internationalen Wochen gegen Rassismus ist thematisch vielfältig und richtet sich an alle Altersklassen. Das gefühl- und humorvolle Theaterstück „Momente!" zum Beispiel wird am Sonntag, 17. März, um 15 Uhr von Krefelder Jugendlichen mit und ohne Fluchtgeschichte im Südbahnhof aufgeführt. Auf die Situation geflüchteter Mädchen und Frauen macht die Wander-Fotoausstellung „Hope" aufmerksam. Sie findet ab Dienstag, 26. März, bis Dienstag, 2. April, täglich von 15 bis 19 Uhr in der Alten Kirche statt. Der Termin befindet sich zwar schon außerhalb des offiziellen Zeitrahmens der Aktionswochen. Traditionell jedoch bietet der Fachbereich Migration und Integration darüber hinaus viele Veranstaltungen rund ums Thema an.