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Die Entwicklung des Stadtbads Neusser Straße als Marathon
Veröffentlicht am: 29.04.2022
Die Fassade des Krefelder Stadtbads.
Bild: Stadt Krefeld, Stadtmarketing
Stadt gibt im Planungsausschuss Einblick in Chronologie, Sachstand und Pläne
Es ist ein Ort der Identifikation: Viele Krefelder erinnern sich gerne an das Schwimmen in den prachtvollen historischen Hallen des Stadtbads Neusser Straße und die sommerlichen Besuche im Freibad. Es ist aber auch gleichzeitig ein Ort der Komplexität: Denn Größe und Lage des Areals, aber auch die denkmalgeschützte Bausubstanz des alten Stadtbads und die Raumaufteilung aufgrund der früheren Nutzung machen eine grundlegende, ausführliche Auseinandersetzung mit Gebäuden und Flächen in städtebaulicher, planerischer und baulich-technischer Hinsicht notwendig. Seit Jahren beschäftigt die Zukunft des Stadtbads die Krefelder Verwaltung, Politik und die Bürgerschaft. Viele wichtige Weichenstellungen sind in den vergangenen Monaten und Jahren vorgenommen worden, vieles ist positiv entwickelt worden. Im kommenden Planungsausschuss am Mittwoch, 4. Mai, gibt die Stadt Einblick in den aktuellen Sachstand und in Planungen.
Planung in drei Phasen: Pionierphase, Wachstumsphase, Reifephase
In der Darstellung der Historie, des aktuellen Standes und des Ausblicks wird die Komplexität des Vorhabens deutlich. In der Vorlage für den Planungsausschuss gibt die Stadt erstmals einen Ausblick auf insgesamt drei Phasen der Entwicklung. In der „Pionierphase" von 2022 bis 2027 sollen Grundlagen und Konzeption sowie Qualifizierung und Beteiligung abgeschlossen werden. Überschneidend werden in der „Wachstumsphase" von 2024 bis 2029 grundlegende Fragen zur Trägerschaft, zum Eigentum und Betrieb geklärt und mit dem Quartiers- und Gründungszentrum sowie kulturellen Nutzungen ein spannender Nutzungsmix entstehen. Anschließend wird die Reifephase, parallel in 2026 beginnend, Gelegenheit geben, das Projekt noch weiter zu entwickeln. Planungsdezernent Marcus Beyer ist sich sicher: „Die Entwicklung des Stadtbads Neusser Straße wird kein Sprint, sondern ein Marathon." Ein Marathon, auf den sich die Stadt freut, bestätigt Rachid Jaghou als Leiter des Zentralen Gebäudemanagements: „Die Revitalisierung des alten Stadtbads ist ein auf allen Ebenen sehr vielschichtiges und spannendes Projekt mit besonderen Anforderungen und Herausforderungen."
Das Stadtbad Neusser Straße.
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, S. Erath
Ein Rückblick: Seit 2009 im Prozess
Ein Rückblick: Seit 2009 ist das unter Denkmalschutz stehende Stadtbad Initialprojekt im Fördergebiet der Innenstadt und spielt damit im städtebaulichen Entwicklungskonzept und im Integrierten Handlungskonzept eine hervorgehobene Rolle. Die Städtebauförderung verfolgt zwei große Ziele: zum einen die Aktivierung der Bürgerschaft und die Bündelung von Kräften und Ideen durch flexible Kooperations- und Managementstrukturen, zum anderen sollen im Fördergebiet weitere private und öffentliche Investitionen ausgelöst werden. Seit 2017 nimmt das Zentrale Gebäudemanagement (ZGM) Sicherungsmaßnahmen am Gebäude vor. Bislang wurden hierfür rund 2,1 Millionen Euro investiert. Fast die Hälfte der Investitionen wurde durch Fördermittel getragen.
Rat beschloss am 20. August ein Kultur- und Gründerzentrum
Nach vielen Versuchen, das Stadtbad als Gesamtobjekt zu vermarkten, nahm am 20. August 2020 der Stadtrat die beauftragte Machbarkeitsstudie zur Kenntnis. Aus drei Varianten wählte die Politik die dritte Variante der Studie, das „Kultur- und Gründerzentrum Stadtbad-Quartier", als Orientierungsrahmen für die weitere Entwicklung des Stadtbad-Areals aus und übernahm damit das Heft des Handelns in eigener Verantwortung. Das betreuende Büro Kolb Ripke Architekten erhielt im gleichen Zuge einen weiteren Arbeitsauftrag und prüfte in Folge, ob im Stadtbad Schwimmen zukünftig wieder möglich sein könnte. Am 10. November 2021 beschloss der Rat auf Basis des Prüfauftrags, statt im Stadtbad das Schwimmen zu reaktivieren, einen Neubau eines Lehrschwimmbeckens und einer Sporthalle an der Gerberstraße weiter zu verfolgen.
Das Kultur- und Gründerzentrum Stadtbad-Quartier: Im Rahmen einer „Quartiers- und Kulturinitiative" soll das Stadtbad kulturell genutzt werden, es soll quartiersbezogene soziale Angebote und ein Forum für die Stadtgesellschaft und die Quartiersbewohner geben. Gleichzeitig sollen in einem Gründungszentrum kommunale Angebote für Start-Ups und Kreative geschaffen werden.
Stadtbad als "Entwicklung im Prozess"
Schon die Machbarkeitsstudie hatte von einer „Entwicklung als Prozess" gesprochen. Beständiges Ausprobieren und Experimentieren soll Teil der Entwicklung des Stadtbads sein. Nur so, so bestätigt die Studie, könne ein Ort kollektiv neu gedacht werden und als Identifikationspunkt für die Bürgerschaft funktionieren. In diesem Zusammenhang ist die Stadt Krefeld auf Partner angewiesen. Eng wird das Engagement des „freischwimmer"-Vereins in diesem Rahmen immer wieder mitgedacht. Auch die städtische Tochter Grundstücksgesellschaft (GGK) ist als mögliche Trägerin eines Gründungszentrums seit Beginn als Partnerin im Entwicklungsprozess des Stadtbads beteiligt.
Blick ins alte Stadtbad.
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, L. Strücken
Ausblick: Baumaßnahmen bereits gestartet
Ausblick: Die baulichen Sicherungsmaßnahmen am Stadtbad befinden sich im Prozess. Die Hausschwammbeseitigung und Teilsanierungen an Dächern und der Fassade sind bereits abgeschlossen, zurzeit werden durch Rückbauarbeiten Rettungswege und Baustellenzufahrten geschaffen. Ab November 2022 erfolgt der Abbruch der Wohnhäuser an der Gerberstraße 53 und 55 sowie der Abriss der ehemaligen Heizzentrale. So wird unter anderem die historische Fassade des Bädertrakts wieder freigelegt. Nach Beendigung der Abbrucharbeiten wird das Gelände zur Gerberstraße eingefriedet. Eine zweiflügelige Toranlage sichert die Feuerwehrzufahrt in den Blockinnenbereich. Fußgänger können über eine weitere Türe von der Gerberstraße das Gelände des Stadtbads erreichen.
Planerisch beschäftigt sich gleichzeitig ein geschäftsbereichsübergreifender städtischer Lenkungskreis unter Leitung des Beigeordneten Marcus Beyer in Kooperation mit Verantwortlichen aus dem Fachbereich Stadt- und Verkehrsplanung mit der Weiterentwicklung der Planungsvariante, für die sich der Rat im Sommer 2020 entschieden hatte. Vier städtische, fachbereichsübergreifende Projektgruppen haben sich außerdem zusammengefunden. Das Zentrale Gebäudemanagement übernimmt beispielsweise Themen wie die Grundlagenermittlung der Technischen Gebäudeausstattung, Denkmalsanierung und Verkehrssicherung. Eine andere Projektgruppe erarbeitet Pläne zu möglichen kommunalen Nutzungen zu den Themen Kultur, Quartier und Gründungen. Und eine weitere Projektgruppe ist gemeinsam mit den „freischwimmern" damit befasst, die Antragsstellung für die Städtebauförderung in 2023 vorzubereiten. Das entsprechende Qualifizierungskonzept soll in diesem Jahr abgeschlossen werden.
Das Qualifizierungskonzept als wichtiger Schritt
Dieses Qualifizierungskonzept ist ein weiterer, wichtiger Schritt im gesamten Entwicklungsprozess des Stadtbads, denn es wird Aufschluss darüber geben, wie mögliche Nutzungen in den Bereichen Kultur, Quartier und Gründungen zukünftig in bestimmten Gebäudeteilen untergebracht werden könnten. Das beauftragte Büro untersucht zum Beispiel die Zusammenlegung von Räumen zur Nutzung als Gruppen-, Büro- und Werkstatträume. Das Konzept wird die Grundlage dafür bilden, Pläne zu konkretisieren und anschließend in eine Umsetzungsphase überzugehen.
Die Stadt Krefeld erwartet außerdem im Sommer eine offizielle Fördergeld-Bewilligung für ein „Beteiligungskonzept". Es ist offensichtlich, dass der geplante Kultur- und Begegnungsort nicht alleine durch die Verwaltung und den Verein der „freischwimmer" entwickelt und umgesetzt werden kann, sondern die Einbindung weiterer Akteure aus der Stadtgesellschaft notwendig ist, um einen Ort zu schaffen, der nachhaltig angenommen wird. Auch die Entwicklung eines Organisations- und Betreibermodells, einer Marke mit Webseite und digitalen Visualisierungen könnten Aufgabe des Beteiligungskonzeptes sein.
Prozesse finden auch beim den „freischwimmern" statt: Seit dem 1. April hat der Verein das Gelände wieder für die Öffentlichkeit geöffnet. Immer freitags sind Gäste dazu eingeladen, auf dem Freibadgelände bei einem Getränk den Abend und kulturelle Darbietungen zu genießen. Samstags kann jeder auf dem Gelände mitarbeiten. Zusätzlich bietet der Verein nun auch jeden Mittwochnachmittag die Gelegenheit, für eine Pause mit Erfrischungen und Imbiss auf dem besonderen Areal zu verweilen. Auch im Verein sind viele Prozesse im Gang: Es wird unter anderem ein Bauantrag zur Errichtung einer Szenefläche im ehemaligen Nichtwimmerbecken sowie ein weiterer Bauantrag für die Zulassung des südlichen Teils der ehemaligen Freianlage als Veranstaltungsfläche und die Einrichtung eines temporären Café-Modulbaus vorbereitet. Mit der „Startbad.Initiative" können sich Menschen ab diesem Jahr aktiv in die Stadtentwicklung einbringen. Weitere Informationen dazu gibt es vor Ort im Gespräch mit den „freischwimmern" oder auf der Webseite des Vereins. Erlebbar wird das Gefühl eines zukünftigen Kultur- und Quartierzentrums schon jetzt auf dem einmaligen Gelände.
Tag der Städtebauförderung
Am Tag der Städtebauförderung am 14. Mai werden in ganz Deutschland geförderte Projekte vorgestellt. Das Stadtbad ist dabei. Die Gebäude können aus Sicherheitsgründen zurzeit nicht besichtigt werden. Aber es öffnen der Hof an der Gerberstraße und das Freibadgelände. Programm und kostenfreie Workshops zum Mitmachen finden zwischen 10 und 20 Uhr statt. Um 13 Uhr gibt es zum Beispiel eine Talk-Runde zu kooperativer Stadtentwicklung mit Akteuren der Stadt, den „freischwimmern" und Krefeld Business. Das gesamte Programm ist online verfügbar.