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Gymnasium Horkesgath tief bewegt von Auschwitz-Gedenkstättenfahrt
Veröffentlicht am: 15.11.2024
Der Besuch im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau hinterließ die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Horkesgath fassungslos und tief bewegt. Foto: Gymnasium Horkesgath
Die Jugendlichen des Gymnasiums Horkesgath sind noch immer wütend, angefasst, auch angewidert. Ihr Besuch im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau liegt wenige Tage zurück. Die Fassungslosigkeit über den industriellen Massenmord der Nationalsozialisten an den Juden bleibt. Die Schülerinnen und Schüler sind Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft (AG), die sich mit dem Holocaust und der Geschichte des Antisemitismus befasst. In diesem Rahmen hatte das Gymnasium vom 4. bis zum 8. November zum ersten Mal eine Gedenkstättenfahrt organisiert.
Es ist Mittwochnachmittag im Selbstlernzentrum des Gymnasiums. Die Gruppe kommt erstmals nach ihrem Besuch in Polen zusammen. Eine bedächtige Stille füllt den Raum. Die Schüler haben sich über ein Blatt gebeugt, schreiben ihre Gedanken zum Erlebten auf. Sofia, 16 Jahre, sagt: „Wir haben viel über den Holocaust im Unterricht gelernt oder im Fernsehen gesehen. Doch die Gedenkstättenfahrt hat mir auf sehr emotionale und bewegende Weise das unvorstellbare Ausmaß dieses Völkermordes nähergebracht. Wir alle waren und sind tief bewegt."
Schule organisiert am 27. Januar den Gedenktag
Das Gymnasium Horkesgath organisiert für die Stadt Krefeld am 27. Januar 2025 den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Diesem besonderen Datum begegnet die Schule mit einem umfänglichen Begleitprogramm. Dazu gehört etwa eine komplette Projektwoche im Januar, an der sich die ganze Schule beteiligt. Und ebenjene AG, die sich zu Beginn des Schuljahres bildete und wöchentlich zwei Stunden außerhalb des Unterrichts trifft. Jugendliche der Jahrgangsstufen zehn bis zwölf konnten sich für die 20 AG-Plätze bewerben. Sie bereiten den Gedenktag und die Projektwoche inhaltlich vor.
Bisher beteiligte sich die AG bereits an einer Stolperstein-Verlegung, sie besuchte das Kresch-Theater zur Sophie-Scholl-Aufführung. Und sie baut die ohnehin sehr enge Kooperation der Schule mit der NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer weiter aus. „Uns als Schule kommt eine besondere Verantwortung zu, das Gedenken aufrechtzuerhalten. Um für die Themen Antisemitismus und Rassismus zu sensibilisieren, haben wir uns als Vorbereitung auf den Gedenktag für dieses breit aufgestellte Rahmenprogramm entschieden", sagt Schulleiterin Carola Keßler.
Mittel aus dem EU-Förderprogramm „Erasmus+"
Mehmet Akyazi leitet die AG, unterstützt von drei Kolleginnen. Zusammen mit Carola Keßler hat der Geschichts- und Politiklehrer die Idee einer Gedenkstättenfahrt seit vergangenem Jahr vorangetrieben. „Ein solcher Besuch bleibt den Schülerinnen und Schülern nachhaltig in Erinnerung und hilft, die Geschichte besser zu begreifen und dem noch immer bestehenden Antisemitismus entgegenzutreten", sagt Mehmet Akyazi. Die Schule bewarb sich beim EU-Förderprogramm „Erasmus+", das derartige Bildungsprojekte subventioniert. Nach der Bewilligung ging es an die Planung der fünftägigen Polen-Reise, die sich nicht auf den Besuch des Vernichtungslagers beschränken sollte. Das Gymnasium Horkesgath wollte die Reise nach Polen mit einer neu initiierten Schulpartnerschaft verbinden. Dazu schrieb sie gezielt verschiedene Schulen in Polen an. Im Mai hatte sie dann in der Stadt Nowy Sącz eine passende Kooperation gefunden.
Die deutschen und polnischen Schüler verbrachten die gesamte Woche zusammen. Sie begann in Krakau, rund zwei Stunden von Auschwitz entfernt. Hier besuchten die Jugendlichen unter anderem das jüdische Viertel und trafen eine Zeitzeugin, die sich als jüdisches Mädchen vor den Nazis verstecken musste. Zum Wochenprogramm gehörten ebenso Freizeitaktivitäten, um die neue Verbindung beider Schulen zu stärken. Die Gruppe stellte gemeinsam Schokolade her, besichtigte das bekannte Salzbergwerk Wieliczka, spielte Volleyball, tobte sich kreativ bei einem Graffiti-Workshop aus. Abends durchkosteten sie zusammen die polnische Küche.
Gedenkstättenfahrt soll im Lernplan integriert werden
Von Auschwitz ging es weiter nach Nowy Sącz. Die Krefelder Schüler lebten hier für zwei Tage bei Gastfamilien, lernten ihre neue Partnerschule und den Alltag ihrer polnischen Mitschüler kennen. Ein Gegenbesuch in Krefeld im Sommer 2025 steht bereits fest. Schulleiterin Carola Keßler möchte die Gedenkstättenfahrten nach Auschwitz von nun an fest im Lernplan verankern, ebenso den regelmäßigen Austausch mit der neuen Partnerschule. Aus dem Pilotprojekt soll ein etablierter alljährlicher Programmpunkt werden. Die neuerliche Bewerbung bei „Erasmus+" hat die Schule bereits verschickt. Auch die AG wird fortgeführt. Die Nachfrage ist seit der Rückkehr aus Polen in der ganzen Schule groß.
Zurück im Selbstlernzentrum: Auf einer Leinwand laufen Bilder aus Polen. Sie zeigen den Stacheldraht und die Wachtürme des Vernichtungslagers. In Polen haben die Jugendlichen auch einen Video-Blog produziert, den sie am 27. Januar zeigen. Ruven (16) sagt: „Die Eindrücke unseres Besuchs in Auschwitz sind noch immer sehr extrem und überwältigend. Wir versuchen, das zu verarbeiten, indem wir gemeinsam drüber reden", sagt er. Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: „Die Reise war sehr wichtig für mich, um besser verstehen zu können, was damals passiert ist. Gleichzeitig haben wir neue Freunde gefunden. Die polnische Gastfreundschaft und Herzlichkeit waren überwältigend."