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Krefelder Sprödentalkirmes feiert ihr 100-jähriges Bestehen
Veröffentlicht am: 04.04.2024
Für die Krefelder und Besucher ist es heute selbstverständlich, wenn von der „Kirmes" in der Seidenstadt die Rede ist, dass damit im Frühjahr und im Herbst der Sprödentalplatz als Veranstaltungsort gemeint ist. Seit 100 Jahren findet auf dem Areal an der Uerdinger Straße zweimal im Jahr das bunte Treiben mit Karussells und Losbuden statt. Die Kirmestradition in Krefeld reicht allerdings weiter zurück. Vor dieser Zeit feierten Jung und Alt auf anderen Festplätzen in der Stadt - auf der Hochstraße, dem Friedrichsplatz, der Carl-Wilhelm-Straße, dem Karlsplatz und dem Ostwall.
Der Karlsplatz/Westwall im 19. Jahrhundert als Festplatz in der Innenstadt. Im Hintergrund der alte Turm der Dionysiuskirche.
Karussells und wilde Tiere
Mit der Erlangung der Stadtrechte 1373 wurden in Krefeld auch Jahrmärkte veranstaltet. Noch bis 1817 wurde von drei solcher alt hergebrachten Märkte berichtet: Zu Lichtmeß am 2. Februar, dem früheren Ende der Weihnachtszeit, zu Christi Himmelfahrt und den Lampenmarkt am 21. September. Diese Tradition verschwand zwischen 1858 und 1893. Dafür gab es neue Kirmesfeste und -plätze. Zwischen der Hochstraße und dem Friedrichsplatz konnten die Krefelderinnen und Krefelder bis 1828 Karussell fahren oder wilde Tiere wie eine „Boa Constricor" bestaunen, die als der „Erwürger von Senegal" beworben wurde. Warum sich das Kirmestreiben dann auf die Carl-Wilhelm-Straße verlagerte, ist nicht klar. Die reizvolle Lage vor dem Stadtschloss, dem heutigen Rathaus, zog jedenfalls die Bevölkerung an. Bis 1861 wurden dort die Verkaufsbuden und Fahrgeschäfte aufgebaut. Neben Waren aus Paris und Berlin faszinierten Degen- und Feuerschlucker das Publikum. Schließlich siedelte die Stadt das Jahrmarktsvergnügen auf dem Carlsplatz an, auf dem sich heute das Kaiser-Wilhelm-Museum befindet. Der Carlsplatz diente fortan in Krefeld als zentraler Veranstaltungsplatz: Zirkusse, Wochen- und Jahrmärkte bauten dort ihre Zelte und Buden auf.
Der Karlsplatz/Westwall um 1890 als Festplatz in der Innenstadt.
Londoner Sinfonieorchester in aller Ohren
Die Krefelder Zeitungen begleiteten die Jahrmärkte häufig mit aufregenden Vorabgeschichten, was das Interesse der Bevölkerung bereits beim Aufbau der Jahrmärkte entfachte. So hämmerten und sägten 1859 Schausteller an einer „Arche" auf dem Carlsplatz mit Affen und anderen exotischen Tieren. Das Publikum konnte 1892 den „original Englischen Edison-Phonographen" ausprobieren: Die Besucherinnen und Besucher bekamen Gummischläuche in die Ohren gestopft und hörten dann das Londoner Sinfonieorchester. Gegen einen kleinen Geldbetrag durfte man auf eine Wachsrolle seine Stimme aufnehmen und sich diese anschließend anhören. Nach dem Tod Kaiser Wilhelm I. entbrannte um den Carlsplatz ein heftiger Streit zwischen den Kirmesbefürwortern und der Fraktion, die dort zur Ehre und Erinnerung an den Monarchen ein Denkmal, respektiv ein Museum errichten wollten. Die Stadtverordnetenversammlung entschied sich mit einer namentlichen Abstimmung bei 16 zu 10 Stimmen für das Museum. Mit dem Bau auf dem Carlsplatz 1894 endete vorerst die Kirmestradition in der Samt- und Seidenstadt. Von diesem Jahr bis 1924 galt dann auch noch ein allgemeines Verbot für Kirmesveranstaltungen. Eine einheitliche Regelung existierte im Rheinland zwar nicht, dennoch gab es in Krefeld und anderen Städten eine solche Vorgabe.
Dr. Josef Olivier Massot, Rechtsanwalt, Poet, Sprachlehrer und Gartenfreund, erwarb Anfang des 19. Jahrhunderts das Areal des Sprödentals. Fotos: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Weinanbau auf dem Sprödentalplatz
Der Sprödentalplatz lag einst vor den Toren der Stadt, ein sumpfiges Areal, in das auch die Abwässer der Krefelder floss. Dr. Josef Olivier Massot, Rechtsanwalt, Poet, Sprachlehrer und Gartenfreund, erwarb Anfang des 19. Jahrhunderts das Areal. Dort ließ er einen Park mit Fischweihern angelegen, in dem er unter anderem Spargel und Wein anbaute. Die Bezeichnung „Sprödental" soll übrigens auf ihn zurückgehen. Die als Damm aufgeschüttete Uerdinger Straße wurde erst 1811 durch dieses Gebiet gebaut. Mit Massots Tod versumpfte das Gebiet wieder und konnte erst mit der Kanalisation 1874 trockengelegt werden. Der Sprödentalplatz wurde erstmals 1911 als Veranstaltungsort genutzt. Dort fand für zwei Monate eine Gewerbe-, Industrie- und Kunstausstellung statt. Der Stadtrat beschloss 1924, den 52.000 Quadratmeter großen „Sprödentalplatz" als Kirmes- und Messeplatz zu nutzen. Zwischen 120 und 130 Schausteller gastieren dort inzwischen im Frühling und im Herbst mit ihren Fahrgeschäften, Losbuden und Gastronomiegeschäften. Zum 100. Jubiläum lockt die Frühjahrskirmes vom 26. April bis 5. Mai mit zahlreichen Fahrgeschäften und Attraktionen auf den Sprödentalplatz.
Die erste Messe 1911 auf dem Sprödentalplatz. Modell der Anlage. Und die Umsetzung.
Sprödentalplatz mit dem Blick auf Haus Grenztal an der Grenzstraße Ecke Uerdinger Straße.