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Krefelder Stadtarchäologie entdeckt Gräber aus Spätbronzezeit

Veröffentlicht am: 30.01.2025

Restauratorin Eileen Wolff mit einem der Fundstücke. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Restauratorin Eileen Wolff mit einem der Fundstücke. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Archäologische Funde aus der Spätbronzezeit (1100 bis 800 vor Christus) sind in Krefeld selten und immer etwas Besonderes. Deswegen war die Freude bei Dr. Hans-Peter Schletter angesichts der Entdeckung von mehreren Hügelgräbern aus dieser Zeit auf dem Areal der neuen Feuerwache in Gellep-Stratum sehr groß. „Das ist absolut außergewöhnlich", sagte der Krefelder Stadtarchäologe im vergangenen Dezember. Nun kehrten Schletter, der Grabungstechniker Dominik Sarna und der 74-jährige ehemalige Leiter des Museums Burg Linn, Dr. Christoph Reichmann, an die Düsseldorfer Straße zurück. Dort galt es einen kleinen, bislang archäologisch noch nicht untersuchten Bereich auszugraben - und wieder wurde das Team fündig. „Wir haben vier weitere Gräber entdeckt. Es handelt sich insgesamt wohl um ein reines Gräberfeld aus der Spätbronzezeit. Das ist ganz, ganz selten am Niederrhein", betont der Krefelder Stadtarchäologe.

Verzierung als solche ist schon sehr selten

Dass die Reste aller Urnen die Jahrtausende überstanden haben und nun gefunden wurden, gleicht einem kleinen Wunder. „Wir sind immer früh in die Bauplanungen einbezogen. Die Zusammenarbeit mit dem Zentralen Gebäudemanagement der Stadt läuft außerordentlich gut", betont Schletter. Nur so seien solche wertvollen stadthistorischen Entdeckungen von Artefakten möglich. Die neuen Funde sind inzwischen geborgen. Die Urnen zieren auch wieder ein Kerbschnitt-Muster. „Diese Verzierung als solche ist schon sehr selten", sagt Schletter. Das Zick-Zack-Muster wurde mit einer weißen Paste aus zermahlenem Kalk- oder Knochen ausgefüllt. So entstand ein Schwarz-Weiß-Kontrast auf dem oberen Urnenrand. „Für unsere Region und diese Zeit waren es schon reich ausgestattete Gräber, auch mit Beigefäßen", meint Schletter.

Fundsituation der Urne im Januar in Krefeld-Stratum. Hier: Archäologe Dr. Christoph Reichmann, ehemaliger Leiter des Museums Burg Linn. Fotos: Stadtarchäologie Krefeld
Blockbergung der Urne durch Eileen Wolff. Bild Stadt Krefeld, Stadtarchäologie

In der Werkstatt des Archäologischen Museums Krefeld setzt Restauratorin Eileen Wolff eines der neuen Fundstücke zusammen. Der Brand der Urnen erfolgte bei niedrigen Temperaturen. Deswegen sei diese Form der Keramik sehr empfindlich. In unzählige Scherben zersprungen, haben Schletter und Wolff eine der kürzlich entdeckten Urnen sicherheitshalber im Erdblock geborgen. Ein Pflug hat dieses rund 3.000 Jahre alte Objekt zum Glück nicht zu stark zerstört. Dass dort überhaupt Funde dokumentiert und geborgen werden konnte, sei ohnehin ein „kleines Geschenk" gewesen. „Der aktuelle Fundort war überbaut, unter anderem mit einer Hofanlage", berichtet der Stadtarchäologe. Die Urnenreste kamen nur knapp einen Meter unter der Oberfläche zum Vorschein. Durch andere Bauaktivitäten in diesem Bereich in den vergangenen Jahrzehnten seien wohl einige Gräber verlorenen gegangen.

Niederrheinische Grabhügelkultur

„Wir haben dort insgesamt neun Gräber gefunden. Solche Gräber und Gräberfelder sollten zeigen, wir sind hier - als Besitzzeichen", so Schletter. Die Menschen lebten und arbeiteten zu jener Zeit in sogenannten Wander-Siedlungen. Das heißt, eine kleine Anzahl von Hofhäusern „wanderte" von Generation zu Generation und als Gemeinschaft von einer Stelle zur nächsten. Die lokale Identität erwuchs wohl aus der Kontinuität der Gräber an einem Ort. „In den Grabhügeln wohnen die Toten", so der Archäologe. Die Gräber in Krefeld-Stratum reihen sich in die Niederrheinische Grabhügelkultur (1200 bis 800 vor Christus) ein. Die meisten sind heute eingeebnet oder überbaut. Die Beisetzung des Leichenbrandes erfolgte in Urnen mittig in einem Hügelgrab. Links und rechts des Niederrheins gab es Tausende solcher Grabhügel. Im Flachland - oft an Wegen angelegt - waren diese kleinen Erhebungen als Landmarken gut erkennbar. Und das neu entdeckte Gräberfeld aus der Spätbronzezeit liegt an solch einer alten Trasse. Denn die Düsseldorfer Straße entspricht in ihrem Verlauf nicht nur der römischen Limes-Straße, sondern wohl auch einer noch älteren Wegeführung.
Indizien von Grabräubern

Blockbergung der Urne durch Eileen Wolff. Bild Stadt Krefeld, Stadtarchäologie
Fundsituation der Urne im Januar in Krefeld-Stratum. Hier: Archäologe Dr. Christoph Reichmann, ehemaliger Leiter des Museums Burg Linn. Fotos: Stadtarchäologie Krefeld

Bei der Bergung der Urnen im vergangenen Jahr und Anfang dieses Jahres fiel dem Archäologen auf, dass er wohl nicht der erste ist, der sich für diese interessiert. „Mir sind helle Stellen aufgefallen, die später wieder verfüllt wurden", sagt Schletter. Diese seien ein Indiz auf das sogenannte „Urnenstechen" - ein durchaus beliebtes Vergnügen des Bürgertums im 19. Jahrhundert. Die seinerzeit noch gut erkennbaren Grabhügel wurden in der Mitte ausgeschachtet. Ein gut halber Meter breites Loch wurde in den Hügel gegraben. „Dabei wurden die Urnen zerstört. Aber mitbeigesetze Gefäße können durchaus im Stück geblieben sein", so Schletter. Solche vorhandenen Spuren von Beigefäßen belegen seine Vermutung. Einen schriftlichen Nachweis über derartige Aktivitäten in Gellep-Stratum hat Reichmann inzwischen recherchieren können - das untermauere die These.

Über die Funde in Krefeld-Stratum wird Schletter bei der Tagung „Archäologie im Rheinland" in Bonn am 3. Februar einen Vortrag halten und über die bis dahin bekannten Forschungsergebnisse berichten.

In der Restaurierungswerkstatt des Archäologischen Museums Krefeld: Restauratorin Eileen Wolff setzt ein der kürzlich gefundenen Urnen aus der Spätbronzezeit zusammen. Fotos: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer
In der Restaurierungswerkstatt des Archäologischen Museums Krefeld: Restauratorin Eileen Wolff setzt ein der kürzlich gefundenen Urnen aus der Spätbronzezeit zusammen. Fotos: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation