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Kunstmuseen Krefeld: Ankauf des „Blauen Zimmers" von Helmuth Macke

Veröffentlicht am: 05.05.2022

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Der Künstler Helmuth Macke war neben Heinrich Campendonk und Heinrich Nauen der jüngste Maler der Krefelder Expressionisten. Nach seiner Ausbildung in der Samt- und Seidenstadt bewegte er sich im Umkreis der Künstlergruppen „Blauer Reiter" in München und „Brücke" in Berlin. Mit nur 45 Jahren kam der Krefelder Künstler 1936 bei einem tragischen Bootsunglück ums Leben. Das „Blaue Zimmer" von Macke bereichert nun dauerhaft die Sammlung der Kunstmuseen Krefeld. Es handelt sich um eines der ganz wenigen erhaltenen Beispiele expressionistischer Möbelgestaltung. Das achtteilige Schlafzimmer-Ensemble, bestehend aus Bett, Schrank, Kommode, Nachttisch, Tisch, zwei Stühlen und Spiegel wurde 1925 von Macke für seinen Mäzen Karl Gräppel ultramarinblau grundiert und aufwendig mit farbigen Akt-, Tier- und abstrakten Motiven bemalt.

Stellen das Blaue Zimmer im Kaiser-Wilhelm-Museum vor: (v.l.): Museumsleiterin Katia Baudin, Dr. Dieter Porschen, Vorstandsvorsitzender Freunde der Kunstmuseen Krefeld, Dr. Britta Kaiser-Schuster, Dezernentin Kulturstiftung der Länder, und Dr. Jochen Link, Referatsleiter Visuelle Künste im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Fotos: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk JochmannStellen das Blaue Zimmer im Kaiser-Wilhelm-Museum vor: (v.l.): Museumsleiterin Katia Baudin, Dr. Dieter Porschen, Vorstandsvorsitzender Freunde der Kunstmuseen Krefeld, Dr. Britta Kaiser-Schuster, Dezernentin Kulturstiftung der Länder, und Dr. Jochen Link, Referatsleiter Visuelle Künste im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Fotos: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk Jochmann

Nur wenige bemalte Möbel oder gar vollständige Zimmereinrichtungen von expressionistischen Künstlern sind überhaupt bekannt geworden und meist nur durch Fotografien überliefert. Das „Blaue Zimmer" ist ein herausragendes Zeugnis der engen Verbindung von freier und angewandter Kunst in der Avantgarde der 1920er-Jahre und in seinem Charakter als großes Ensemble des Expressionismus nahezu einzigartig. „Wir sind überglücklich, denn es handelt sich um ein herausragendes Beispiel für das damals aktuelle Bestreben von Künstlern, Kunst und Alltag zu verbinden", erklärt Museumsleiterin Katia Baudin. Auf ihre Initiative und mit Unterstützung der Freunde der Kunstmuseen Krefeld, des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und der Kulturstiftung der Länder war es möglich, das Ensemble nach Krefeld zu holen.

Das Blaue Zimmer im Kaiser-Wilhelm-Museum. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk JochmannDas Blaue Zimmer im Kaiser-Wilhelm-Museum. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk Jochmann

„Wir freuen uns, dass wir dazu beitragen konnten, das Ensemble in Helmuth Mackes Heimatstadt zu holen. Hier wird es neben zahlreichen Werken von ihm und seinen Zeitgenossen - den Expressionisten des Rheinlandes - ausgestellt. Viele bemalte Möbel und Einrichtungen van expressionistischen Künstlerinnen und Künstlern gingen im Zweiten Weltkrieg verloren oder wurden zerstört. Die meisten kennen wir heute nur van Fotografien. Umso mehr freut es uns, dass Mackes Blaues Zimmer erhalten geblieben ist und nun, nachdem es über 80 Jahre in Privatbesitz aufbewahrt wurde und nicht besichtigt werden konnte, dauerhaft zugänglich gemacht wird", sagt Professor. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder. Das „Blaue Zimmer" befand sich seit seiner Entstehung im Besitz der Familie Gröppel bzw. deren Nachfahren. 2011 wurde es auf einer Auktion vom Krefelder Kunsthändler Ralph Kleinsimlinghaus erworben und ließ es restaurieren. „Mit dem Erwerb des Blauen Zimmers von Helmuth Macke konnte ein großartiges Beispiel für eine gelungene Verbindung von Kunst und Handwerk für die Kunstmuseen Krefeld gesichert werden. Dieser Ankauf stärkt das besondere Profil des Hauses und die Attraktivität der museumseigenen Sammlung. Das Land Nordrhein-Westfalen hat daher gerne einen Beitrag zum Gelingen des Ankaufs geleistet", betont Isabelle Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW.

Das Blaue Zimmer im Kaiser-Wilhelm-Museum. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk JochmannDas Blaue Zimmer im Kaiser-Wilhelm-Museum. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk Jochmann

Helmuth Macke kam am 29. Juni 1891 in Krefeld zur Welt. Er wuchs in einem Haus am Stadtgarten auf. Die Vorfahren seiner Mutter waren als Seidenfabrikaten tätig. Zuerst besuchte er das Realgymnasium (heute Gymnasium am Moltkeplatz), das er jedoch 1906 ohne Abschluss verließ. Er wechselte mit 15 Jahren an die hiesige Kunstgewerbeschule. Der Niederländer Jan Thorn Prikker unterrichtete ihn an der Petersstraße von 1906 bis 1908. Mit Heinrich Campendonk besuchte er eine Klasse.

August Macke besuchte seinen Vetter oft in Krefeld

In einem Haus an der nördlichen Stadtgrenze von Krefeld in Hinterorbroich, im Volksmund nannte man es nur „Der Düwel", malte Helmuth Macke seine ersten, wichtigen Bilder. Dort arbeitete er zusammen mit Heinrich Nauen, der das Haus angemietet hatte. Zwischen Nauen und Macke entwickelt sich eine Freundschaft, die zeitlebens anhalten sollte. Auch Heinrich Campendonk schaute öfters in Orbroich vorbei. Gelegentlich fand sich auch Mackes Lehrer Thorn-Prikker ein, um mit ihnen zu debattieren. Und Helmuths Vetter, der heute viel bekanntere Maler August Macke, kehrte in dem „teuflischen Haus" ein. Durch seine Freundschaft kam Helmuth Macke 1910/11 mit nur 19 Jahren nach München und ins oberbayerische Sindelsdorf in den Kreis des „Blauen Reiters".

Freundschaft mit Franz Marc und Erich Heckel

Sein Werk bestimmten die Gruppen „Blauer Reiter" in München und „Brücke" in Berlin aber nicht. Der Kontakt zu den expressionistischen Zentren mag zwar einen Einfluss auf ihn ausgeübt haben. Er schätzte deren Arbeiten, doch versuchte er, für sich neue Wege der Gestaltung zu entdecken. Die Zeit in Bayern sollte dennoch eine produktive Phase für Helmuth Macke sein, in der er zu Franz Marc eine enge, freundschaftliche Beziehung aufbaute. Gleiches gilt für seine Berliner Zeit für Erich Heckel. Mackes künstlerisches Schaffen wurde durch den Militärdienst ab 1913 nicht unterbrochen. Er malte als Kriegsmaler in Verdun und Mazedonien. Doch der Erste Weltkrieg stellte einen Einschnitt in seinem Leben dar. Der Tod seiner Freunde Franz Marc und seines Vetters August Macke war ein Verlust. Und er selbst kehrte schwer krank mit Malaria zurück. Seine Bilder wurden nach dem Krieg düster.

Tragischer Unfall auf dem Bodensee

Ab 1920 konzentrierte er sein Schaffen in Krefeld und Bonn. Mehrmals besuchte er Heinrich Nauen auf Schloss Dilborn. Im Düsseldorfer Rathaus malte er Fresken, die jedoch 1937 zerstört wurden. Im Jahr 1929 erhielt er den Rom-Preis der Villa Massimo. Während seines Rom-Aufenthaltes verkehrte er mit Karl Schmidt-Rottluff, Georg Schrimpf und Heinrich Ehmsen. Nach einem dreijährigen Aufenthalt im Tessin zog er zurück nach Deutschland. Im Januar 1933 ließ er sich am Bodensee nieder.

Bei einem Bootsausflug am 8. September 1936 kam Helmuth Macke unter tragischen Umständen ums Leben. Mit einem Bekannten fuhr er auf den See hinaus. Dabei überraschte sie ein Sturm. Das Boot kenterte bei der Insel Reichenau. Ein erstes Schiff übersah die beiden im Wasser Treibenden; als sich ein weiteres Boot näherte, konnte sich Helmuth Macke aber nicht mehr über Wasser halten und ertrank. Doch damit nicht genug des Unglücks. Wie andere Künstler wurden Helmuth Mackes Werke von den Nationalsozialisten als sogenannte „Entartete Kunst" eingeordnet. Aus der Sammlung des Kaiser-Wilhelm-Museum wurden 98 Kunstwerken darunter auch Werke von Macke durch die Nazis geraubt. Ein Großteil seines Nachlasses verbrannte dann 1943 beim Bombenangriff auf Krefeld: Etwa 60 Ölbilder und 200 Aquarelle. Der künstlerische Nachlass gelangt Ende der 1950er Jahre über seine Schwester an die Kunstmuseen Krefeld. Neben den Kunstmuseen Krefeld besitzen heute unter anderen Museen in Mönchengladbach und Bonn Werke von Helmut Macke. Erst in jüngster Zeit wird ihm durch Ausstellungen und Publikationen die gebührende Anerkennung zuteil. In Krefeld erinnerte auch eine Straße im Stadtteil Bockum an den Künstler.

 

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