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Schulsozialarbeit an der Förderschule: Ein Job auf Vertrauensbasis

Veröffentlicht am: 05.12.2024

Jens Pauschert ist als kommunaler Schulsozialarbeiter seit 2020 an der Förderschule am Uerdinger Rundweg tätig. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Jens Pauschert ist als kommunaler Schulsozialarbeiter seit 2020 an der Förderschule am Uerdinger Rundweg tätig.
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Jens Pauschert ist seit 2020 am Uerdinger Rundweg tätig

Jeden Morgen vibriert Jens Pauscherts Handy. Der Anruf ist mittlerweile eine Art Ritual. Pauschert weiß daher, wer ihn zu erreichen versucht. Ein Schüler meldet sich tagtäglich mit der Nachricht, dass er sich auf dem Schulweg befinde. Was wie eine Lappalie anmutet, ist in diesem Fall äußerst bedeutsam. Der Jugendliche der Förderschule am Uerdinger Rundweg war über ein Jahr schulabstinent. Dass er nun wieder regelmäßig zur Schule geht, ist das Resultat beflissener Arbeit - des Jungen auf der einen Seite und des Schulsozialarbeiters Jens Pauschert auf der anderen.

Förderschule mit etwa 200 Schülerinnen und Schülern

Seit 2020 arbeitet Jens Pauschert an der städtischen Schule am Uerdinger Rundweg. Die Förderschwerpunkte liegen hier auf Lernen, Sprache sowie Emotionaler und Sozialer Entwicklung. Rund 200 Schülerinnen und Schüler lernen von der fünften bis zur zehnten Jahrgangsstufe in zweizügigen Klassen. Manche von ihnen zeigen Verhaltensauffälligkeiten, andere haben einen besonderen Unterstützungsbedarf im Bereich Lernen. Im Regelschulsystem wären sie oftmals überfordert. Die Förderschule gewährleistet mit zum Beispiel kleineren Klassengrößen einen passenden Lernrahmen. Probleme finden sich hier wie an jeder anderen Schule auch, Konflikte zwischen den Schülern oder Mobbing zum Beispiel. Eine auffallende Herausforderung an der Schule am Uerdinger Rundweg liegt allerdings in der Schulverweigerung. „Das Thema rund um Schulabsentismus markiert den Hauptteil meiner Arbeit. Viele Kinder kommen hier aus belasteten Familiensituationen oder leben in der Heimerziehung", sagt Jens Pauschert.

Häufig beginnt die Schulunlust in der achten Jahrgangsstufe. Um diesem Problem entgegenzuwirken, bedarf es eines engen Zusammenspiels aller Beteiligten. Jens Pauschert bespricht sich mit dem Lehrpersonal. Gemeinsam beziehen sie dann die Eltern ein. Die Elternarbeit, so Pauschert, sei sehr wichtig und in vielen Fällen auch effektiv. Nicht selten besucht er die Familien zu Hause. Ein probates Mittel gegen Schulabsentismus sind Langzeitpraktika, die ab 14 Jahren möglich sind. Die Schüler verbringen einen Tag in der Woche dauerhaft im Praktikumsbetrieb. „Ich suche zusammen mit den Schülern nach Praktikumsmöglichkeiten und betreue sie auch dabei. Im Praktikum merken viele, dass sie fürs Berufsleben einige Sachen benötigen, die ihnen nur die Schule geben kann", erklärt Pauschert.

Kleinschrittige Wege zu Lösungen

Der Schulsozialarbeiter der städtischen Kommunalen Zentralstelle für Beschäftigungsförderung ist von Montag bis Donnerstag in der Schule am Uerdinger Rundweg tätig. Freitags arbeitet er den dokumentarischen Teil seines Jobs ab oder fährt zu Hausbesuchen hinaus. Er teilt sich die Aufgaben mit einem weiteren Schulsozialarbeiter des Landes NRW. Jens Pauschert ist ständiger Ansprechpartner für die Jugendlichen. Er steht im fließenden Austausch mit der Schulleitung und dem Lehrpersonal. Er führt Elterngespräche. Und er muss geduldig sein. „Die Prozesse und Wege zu den immer individuellen Lösungen sind sehr kleinschrittig. Das geht nur über viele Gespräche und die Zusammenarbeit mit den Schülerinnen und Schülern", sagt der 34-Jährige.

Die Einzelfallhilfe ist sein Alltag. Hier klopfen Schüler an sein Büro und tragen vielschichtige Probleme mit hinein. Sie berichten von Mobbing oder Gewalt zu Hause. Jens Pauschert hört zu und findet Lösungen. Die Schnittstelle zum eigenen Fachbereich Jugendhilfe und Beschäftigungsförderung ist groß, das Netzwerk daher engmaschig. Pauschert geht bei Bedarf auch aktiv auf Schüler zu. Zugleich ist jedes Gespräch für die Kinder und Jugendlichen freiwillig. „Hier und da kommt es schon vor, dass mir Schüler Fragen stellen oder Dinge erzählen, mit denen sie nicht unbedingt auf ihre Lehrer zugehen würden. In meinem Beruf ist Beziehungsarbeit sehr wichtig. Ich möchte als eine Vertrauensperson wahrgenommen werden", sagt Pauschert, der die sehr gute Kooperation zwischen Schulleitung, Lehrkräften und Schulsozialarbeitern am Uerdinger Rundweg lobt.

Gruppenangebote zu Mobbing- und Sexualprävention

Zusätzlich zu den alltäglichen Angeboten konzipiert Jens Pauschert projektweise Gruppenangebote. Mit den Fünftklässlern zieht er sich jedes Schuljahr für drei Tage aus dem Schulbetrieb heraus. Im Jugendzentrum Jojo lernen sich Schüler und Schulsozialarbeiter in aufgelockerter Atmosphäre gegenseitig besser kennen. Beim Frühstück und bei Kooperationsaufgaben erkennt Pauschert sofort erste Rollenbilder und Gruppendynamiken. Er leitet auch die Mobbingprävention für die sechste Jahrgangsstufe. Hier informiert er viermal pro Schuljahr über rechtliche Konsequenzen, grenzt Mobbing vom herkömmlichen Streit ab und motiviert Zuschauende, aktiv einzugreifen. In der Sexualprävention klärt Pauschert gemeinsam mit einer Kollegin in der siebten Klasse über sexuelle Gewalt und Cybergrooming auf.

Für Jens Pauschert ist die Förderschule am Uerdinger Rundweg ein besonderer Ort. Nebenan am Gymnasium Fabritianum hat er sein Abitur abgelegt. Danach studierte er Soziale Arbeit und hat einen Master in Abenteuer- und Erlebnispädagogik absolviert. Seit 2016 ist er Schulsozialarbeiter, erst an der damaligen Gartenstadtschule, dann am Berufskolleg Glockenspitz. „Am Berufskolleg hat meine Arbeit überwiegend die Berufsorientierung bestimmt", sagt Jens Pauschert. „An der Förderschule geht es hingegen häufig um ‚einfache' Lösungen, die wiederum viel bewegen können."

So war es auch bei dem Jungen, der monatelang nicht zur Schule ging und nun jeden Morgen anruft. „Hier habe ich ganz kleinschrittig und mit ständigen Wiederholungen vor allem mit den Eltern zusammengearbeitet. Am Ende haben wir an kleinen Stellschrauben gedreht, die zum Erfolg geführt haben", sagt Pauschert und fügt hinzu: „Jedes Kind hat einen Grund, warum es auf dieser Schule ist. Mein Antrieb ist es, die Schülerinnen und Schüler ein Stück weit fit fürs Leben zu machen." Sein Handy wird am nächsten Morgen wieder vibrieren.

Die kommunale Schulsozialarbeit ist dem Fachbereich Jugendhilfe und Beschäftigungsförderung angegliedert. Die zuständige Abteilung Kommunale Zentralstelle für Beschäftigungsförderung verfügt derzeit über 38 Stellen, wovon sich 21 auf Grundschulen und 17 auf die weiterführenden Schulen verteilen. Neben der Förderschule am Uerdinger Rundweg ist je ein Schulsozialarbeitender an den Förderschulen Erich-Kästner-Schule und Franz-Stollwerck-Schule tätig.