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Teil 17: Die ersten Mennoniten kommen nach Krefeld

Veröffentlicht am: 19.04.2023

Der große Stadtbrand von 1584 und die Übernahme der Herrschaft durch die Oranier bedeutete für Krefeld einen großen Einschnitt. Viele verließen die Kleinstadt. Eine verstärkte Wiederbesiedelung setzte ein, als die Oranier bessere politische Rahmenbedingungen schufen. Ein Neutralitätsvertrag gab der Stadt mehr Sicherheit und in Folge wurde sie auch zu einem Anziehungspunkt für Bevölkerungsgruppen, die wegen ihres religiösen Bekenntnisses anderswo verfolgt wurden. Inzwischen hatte sich die Reformation durchgesetzt und die gesamte Oberschichte war reformiert. 1607 hatte auch der letzte katholische Pfarrer Johann ter Gathen seinen Platz räumen müsse, so dass auch die Pfarrkirche St. Dionysius (heute Alte Kirche) jetzt fest in der Hand der Reformierten war. Zur Oberschicht gehörten damals Wirte, Krämer und Handwerker, was aber nicht bedeutete, dass sie auch finanziell besonders stark aufgestellt waren. Aber mit ihrer Beteiligung am Wiederaufbau der Stadt schufen sie Voraussetzungen für den späteren wirtschaftlichen Aufschwung. Viele der jetzt angesiedelten Familien lassen sich in Krefeld nicht weit zurückverfolgen, so dass man daraus schließen kann, dass jetzt auch viele aus der Umgebung, z.B. aus Kempen, zugezogen sind.

Innenraum der Mennonitenkirche in Krefeld. Foto: Stadtarchiv
Innenraum der Mennonitenkirche in Krefeld. Foto: Stadtarchiv

Eine weitere Gruppe von Zuwanderern waren die sogenannten „Täufer", für die sich der Name „Mennoniten" durchsetzte. Er führt auf den niederländischen Täufer Menno Simons zurück. Zu den ältesten Krefelder Mennoniten zählt die Familie op den Graeff. Der aus Aldekerk stammende Hermann op den Graeff (1585-1642) war der ersten Prediger und lässt sich seit 1608 hier nachweisen. Zu der Zeit scheint sich auch die mennonitische Gemeinde gebildet zu haben. 1632 war sie schon so bedeutend, dass zwei ihrer Mitglieder, darunter Hermann, zu einer Mennonitenversammlung nach Dordrecht reiste, um dort zusammen mit anderen ein Bekenntnis zu unterschreiben. Bis Ende des 17. Jahrhunderts kamen noch größere Zahlen von Einwanderern aus Mönchengladbach (ab 1654) und Rheydt (ab 1694) dazu, so dass 1716 ihre Zahl in Krefeld schon auf 474 gestiegen war. Damit machten sie ein Viertel der Bevölkerung aus.

Mennonitische Familien in Krefeld

Ab 1678 konnten sie auch das Bürgerrecht erwerben, ab 1693 errichteten sie eine schlichte Kirche, die in veränderter Form noch heute an der Königstraße zu finden ist. Die Einwanderungen wirkten sich auf das niederrheinische Leinengewerbe aus, dass sich von jetzt entsprechend nach Krefeld verlagerte. Zahlen für Gladbach belegen, dass dort vor ihrer Vertreibung 75 Prozent darin tätig waren. Noch 20 Jahre später klagte der katholische Pfarrer dort, dass die Mennoniten den Flachs auf dem Feld aufkauften und damit den ebenfalls in dem Gewerbe tätigen Katholiken „das Brot gleichsam aus dem Mund gezogen hätten". Einen Eindruck von der Wirtschaftskraft erhält man durch Zahlen, die den Schaden belegen, den die Familien durch ihre Vertreibung erlitten. Zu den wohlhabendsten zählte Gottschalk Derichs von Elten. Dazu gehörten auch Cornelius Floh, Hermann Peters, Jan Claessen von Aaken und Jakob Hendriks von Beckerath. Zu den weiteren Mennoniten, die bis Ende des 17. Jahrhunderts in Krefeld ansässig wurden, zählten auch die Familien Lingen, ter Meer, Preyer, Scheuten und Jentges. Bereits 1656 siedelte sich mit Adolf von der Leyen die wohl berühmteste Mennonitenfamilie hier an. Von ihnen wird noch bei verschiedener Gelegenheit zu erzählen sein, denn sie haben die Geschichte der Stadt bis in die Gegenwart hinein geprägt.

Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. am 1. Oktober 1373 in Prag wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Folge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. Der Blick in die Historie richtet sich nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds. Alle Beiträge werden unter www.krefeld.de/1373 und www.krefeld650.de veröffentlicht.

Alle Beiträge aus der Artikelreihe des Krefelder Stadtarchivs zum 650-jährigen Stadtjubiläum:
Teil 38: Die Eröffnung des Stadtbads
Bei der Eröffnung hielt man das Krefelder Stadtbad für die schönste, prächtigste und luxuriöseste Badeanstalt im deutschen Kaiserreich.
Das Herrenbad um 1903. Foto: Stadtarchiv Krefeld
Teil 37: 1887: Der 100.000 Einwohner wird geboren - Krefeld ist Großstadt
Am 19. November 1887 meldete die Crefelder Zeitung unter der Rubrik „Crefelder Angelegenheiten": Gestern Morgen ist endlich der lange erwartete 100.000 Bürger unserer Stadt eingetroffen.
Spielende Kinder in Krefeld. Foto: Stadtarchiv Krefeld
Teil 36: 1880: Johannes Brahms in Krefeld
Johannes Brahms, geboren 1833 in Hamburg, lebte ab 1872 in Wien. Als er 1880 das erste Mal Krefeld besuchte, war er schon ein weltberühmter Komponist.
Die Abbildung zeigt Brahms am Flügel nach einer Zeichnung von Willy von Beckerath.
Teil 35: Der Friedrichsplatz
Seit seiner Entstehung im Zuge der Stadterweiterungen im 18. Jahrhundert ist er immer wieder verändert worden. Die letzte, grundlegende Neugestaltung hat 1989 stattgefunden.
Friedrichsplatz mit dem Germania-Denkmal. Repro: Stadtarchiv
Teil 34: Zwei Kirchen der Krefelder Innenstadt: Liebfrauenkirche und St. Stephan
Der 15. November 1854 verbindet zwei Kirchen der Krefelder Innenstadt auf besondere Weise. An diesem Tag wurden die Grundsteine für die Liebfrauenkirche und St. Stephan gelegt.
Postkarte der Stephanskirche. Repro. Stadtarchiv Krefeld

Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916. Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916.
Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv

 

Informationen zur Reihe: Das Stadtarchiv blickt anlässlich des Stadtjubiläums in die Krefelder Geschichte

Prag. Freitag, 1. Oktober 1373. Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Reihenfolge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. „Das machen wir mit wissenswerten Beiträgen, aber auch mit humorvollen Geschichten", sagt Archivleiter Dr. Olaf Richter. Der Blick in die Historie richtet sich zwei Mal pro Woche nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds.