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Teil 20: 1683 - 13 Krefelder Familien wandern nach Amerika aus.

Veröffentlicht am: 03.05.2023

An ein wichtiges Ereignis der Krefelder Geschichte erinnert bis heute die Philadelphia-Straße. Im Juni 1683 machten sich 13 Krefelder Familien auf den Weg nach Amerika, um dort eine neue Heimat zu finden. Es war die erste geschlossene Gruppe von Deutschen, die sich in der „neuen Welt" ansiedelte. Die Familien gehörten überwiegend der religiösen Gemeinschaft der Quäker an, die ab 1678 in Krefeld auf sich aufmerksam machten und von England über die Niederlande an den Niederrhein kamen. Es bestand eine geistige Verwandtschaft zu den Mennoniten und bezüglich ihrer Prinzipien gibt es einige Übereinstimmungen. So lehnten beide den Militärdienst ab. Aber die Weigerung der Quäker, vor hoch gestellten Persönlichkeiten den Hut zu ziehen und so in den Augen anderer gegen eine gottgewollte Ordnung zu verstoßen, stieß auf heftige Kritik bis hin zur Verfolgung. Anfang 1680 wurden Hermann Isaaks op den Graeff und Heinrich Janßen mit zwei weiteren Quäkern ohne Angabe von Gründen aus Krefeld vertrieben. Von Amsterdam aus wehrte sich op den Graeff schriftlich gegen seinen Hauptgegner, den Drosten von Kinsky. Auch der englische Quäker William Penn setzte sich für die Vertriebenen ein, in dem er einen Brief an den Krefelder Landesherren, den Prinzen von Oranien schrieb. Der Brief zeigte Wirkung, da der Prinz bald darauf den Quäkern in seinem Land völlige Freiheit gewährte. Die Situation blieb dauerhaft nicht unproblematisch und führte 1699 schließlich zu einem Verbot von Quäkerversammlungen, das am Krefelder Rathaus angeschlagen wurde.

Ausschnitt der US-amerikanischen Briefmarke in Erinnerung an die deutschen Auswanderer 1683. Foto: Stadtarchiv
Ausschnitt der US-amerikanischen Briefmarke in Erinnerung an die deutschen Auswanderer 1683. Foto: Stadtarchiv

William Penn spielt auch im Zusammenhang der Auswanderung eine wichtige Rolle. 1681 hatte er vom englischen König in Nordamerika ein riesiges Landgebiet erhalten. Es war der Ausgleich für eine Schuldforderung, die Penn von seinem gleichnamigen Vater, einem englischen Admiral, übernommen hatte. Das Gebiet wurde nach diesem Pennsylvanien genannt. Der Wunsch, in diesem Land dauerhaft uneingeschränkt leben zu können und einen gewissen Wohlstand zu erreichen, bestärkte schließlich 13 Familien mit insgesamt 33 Personen, den Aufbruch in eine neue Welt zu wagen. Eine andere wichtige Kontaktperson für die Krefelder war ein Freund William Penns, der Amsterdamer Kaufmann Jakob Telner. Er hatte zuvor die entsprechenden Gebiete am Hudson und Delaware besucht und sich informiert.

Überfahrt mit dem Drei-Mast-Schiff

Vermutlich vermittelte er auch die ersten Landverkäufe, die bereits im März 1683 erfolgten. Drei Monate später war es dann soweit. Die Familien reisten zunächst nach Rotterdam. Am 24. Juli begann die Überfahrt mit dem Drei-Mast-Schiff „Concord" vom englischen Hafen Gravesend aus, am 6. Oktober war das Ziel in Philadelphia erreicht. Die Neuankömmlinge wurden von Penn und dem aus Frankfurt stammenden Juristen Daniel Pastorius begrüßt. Pastorius hatte noch in der Heimat Kontakt zu den Krefeldern geknüpft und unterstützte sie jetzt bei ihrem Start in ein neues Leben. So fanden einige Familien zunächst in seinem Haus am Delaware Unterschlupf. Zwei Wegstunden von Philadelphia entfernt, erhielten sie dann Land zugewiesen, auf das sie durch die zuvor getätigten Kaufverträge bereits Anspruch erhoben hatten. Die entstehende Siedlung erhielt den Namen „Germantown", wozu auch eine „Crefeld" genannte Dorfschaft zählte.

Anfang 1684 lebten hier bereits 42 Personen in zwölf Haushalten, die meisten waren Leinenweber, die sich mit dem Landbau zunächst noch schwertaten. Doch die Gemeinde entwickelte sich, erhielt bald die Stadtrechte und ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts ein Stadtteil von Philadelphia. Hier gibt es bis heute eine „Crefeld Street" und ein Denkmal mit den Namen der Krefelder Familien.

Zwei weitere Daten sind mit der Geschichte der Einwanderer verknüpft. Im Haus des Krefelders Thones Kunders wurde 1688 der erste Protest gegen die Sklaverei unterzeichnet. Auch die erste Papiermühle, sowie die erste, 1743 in Amerika gedruckte, deutsche Bibel haben in Germantown ihren Ursprung.

Wie bedeutend die Geschichte der ersten deutschen Auswanderer aus Krefeld ist, spiegelt sich auch in den umfangreichen Feierlichkeiten wider, mit denen im Jahr 1983 die 300. Wiederkehr dieses Ereignisses gefeiert wurde.

Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. am 1. Oktober 1373 in Prag wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Folge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. Der Blick in die Historie richtet sich nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds. Alle Beiträge werden unter www.krefeld.de/1373 und www.krefeld650.de veröffentlicht.

Alle Beiträge aus der Artikelreihe des Krefelder Stadtarchivs zum 650-jährigen Stadtjubiläum:
Teil 8: Hildegunde von Are und das Kloster Meer
Die mittelalterliche Geschichte Krefelds ist eng mit dem Haus Meer in Meerbusch-Büderich verknüpft. Dieses Haus Meer geht auf ein mittelalterliches Kloster zurück, das von der Gräfin Hildegunde von Are im 12. Jahrhundert gegründet wurde.
Hildegunde von Are. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Teil 7: Krefelds älteste Kirche
Das heute unter dem Namen „Alte Kirche“ bekannte Gotteshaus in der Krefelder Innenstadt hat von seinem Erscheinungsbild nichts mehr mit dem ursprünglichen mittelalterlichen Kirchenbau gemeinsam. Der spätgotische Bau und sein 1497 errichteter Turm wurden aus Ziegeln gebaut.
Archivbild Alte Kirche. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Teil 6: Die Zeit der Franken
Im 5. Jahrhundert ging der Einfluss der Römer stark zurück. Nach ihnen kamen fränkische Kriegerscharen an den Niederrhein. Sie standen nicht unter einer einheitlichen Führung, sondern unter der Herrschaft von Kleinkönigen, Herzögen und anderen Adeligen.
Renate Pirling erklärt die Fundsituation am Gräberfeld in Krefeld-Gellep. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Teil 5: Das Heiligtum von Elfrath
Archäologen unter der Leitung von Dr. Christoph Reichmann, dem ehemaligen Leiter des Museums Burg Linn, brachten 1988 die heute als „Heiligtum von Elfrath“ bezeichnete Anlage zum Vorschein.
Die Grabung in Krefeld-Elfrath in den 1980er-Jahren. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Teil 4: Die Schlacht bei Gelduba
Die älteste geschlossene Siedlung im heutigen Stadtgebiet Krefeld-Gellep führt in die Römerzeit zurück. Um das Jahr 20 nach Christus legten die Römer dort einen ersten Stützpunkt in Rheinnähe namens Gelduba an.
Fundstücke im Museum Burg Linn. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916. Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916.
Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv

 

Informationen zur Reihe: Das Stadtarchiv blickt anlässlich des Stadtjubiläums in die Krefelder Geschichte

Prag. Freitag, 1. Oktober 1373. Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Reihenfolge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. „Das machen wir mit wissenswerten Beiträgen, aber auch mit humorvollen Geschichten", sagt Archivleiter Dr. Olaf Richter. Der Blick in die Historie richtet sich zwei Mal pro Woche nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds.