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Teil 21: 1692 erste Stadtplanerweiterung gegen Osten

Veröffentlicht am: 08.05.2023

Wer heute über die Königstraße geht, befindet sich im Bereich der ersten Stadterweiterung (auch Auslage genannt), die Ende des 17. Jahrhunderts durchgeführt wurde. Auch lange nach der Stadterhebung hatte Krefeld von seiner Ausdehnung her eh einen eher dörflichen Charakter. Nach der weitgehenden Zerstörung im Truchsessischen Krieg und dem großen Brand wenige Jahre später, wurde die Stadt wiederaufgebaut. Die Ausmaße stimmten dabei nicht ganz mit der mittelalterlichen Stadt überein. Die Grenzen befanden sich zwischen der heutigen Wiedenhofstraße (Westen), der Mennonitenkirch-Straße (Osten), Rheinstraße (Norden) und Marktstraße (Süden). Zwei Gräben mit einem dazwischen befindlichen Wall umgaben die Stadt. Im Lauf des 17. Jahrhunderts wurden der zweite Graben und der Wall aufgegeben und die Parzellen konnten von den Bewohnern als Wallgärten genutzt werden. Durch den Zuzug der Mennoniten, die ab 1657 ein Bleiberecht erhielten, wurde dann zunehmend mehr Wohnraum benötigt.

Krefeld vor der ersten Erweiterung. Quelle: Stadtarchiv Krefeld

Die erste neuzeitliche Erweiterung begann 1678. Im Juli reiste ein vom oranischen Landesherren Prinz Wilhelm bestellter Kommissar Philipp Theodor Toll durch die Grafschaft Moers und kam auch nach Krefeld. Dort informierte er sich über die Notwendigkeit einer Stadterweiterung. Kurz darauf wurde der Landvermesser Adolph von Kempen mit Vermessung und Entwurf eines entsprechenden Plans beauftragt.

An der Ostseite wurde ein Gelände angefügt, das von einer Straße, die in Nord-Süd-Richtung verlief, in zwei Hälften geteilt wurde. Jede Hälfte wurde durch Querstraßen in rechtwinklige Baublöcke unterteilt. Die Straße, die parallel zur mittelalterlichen Oberstraße verlief, wurde bei den nachfolgenden Erweiterungen entsprechend verlängert. Bis heute heißt sie Königstraße, benannt nach Wilhelm III. von Oranien, der auch König von England war. Zu den weiteren neuen Straßen zählten die Mennoniten- und die Judenkirchstraße.

Krefeld vor der ersten Erweiterung. Quelle: Stadtarchiv Krefeld

Für die Erweiterung mussten Stadtmauer und Graben entsprechend nach Osten verrückt werden. Das alte Stadttor wurde abgebrochen und durch ein neues ersetzt. Betrat man jetzt dieses Tor, erreichte man nach wenigen Schritten die Königstraße. Rechts und links waren je zehn regelmäßige Bauplätze mit 40 Fuß Breite abgesteckt. Die neue Bebauung war einheitlich gestaltet. Ein gemeinsames Satteldach überzog die Häuserreihen sowohl auf der Königstraße als auch auf ihren Nebenstraßen. 1693 kauften die Mennoniten einen Bauplatz für ihre Kirche, die zwei Jahre später fertiggestellt wurde. Sie wurde zu dem markantesten Gebäude des neuen Viertels.

In der Zeit dieser ersten Erweiterung gründeten sich auch die für den wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt so entscheidenden Unternehmen wie das der Seidenfabrikantenfamilie von der Leyen. In dem neuen Wohngebiet siedelten sich Leinenhändler, Weber, Färber und Tuchmacher, aber auch Kapitalrentner an. Nach dem steilen wirtschaftlichen Aufstieg erlebte die Königstraße ihre Blütezeit im 18. und 19. Jahrhundert, als die Familien von der Leyen, Floh und andere hier ihre großen prächtigen Häuser errichteten.

Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. am 1. Oktober 1373 in Prag wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Folge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. Der Blick in die Historie richtet sich nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds. Alle Beiträge werden unter www.krefeld.de/1373 und www.krefeld650.de veröffentlicht.

Alle Beiträge aus der Artikelreihe des Krefelder Stadtarchivs zum 650-jährigen Stadtjubiläum:
Teil 53: Krefeld ist nur noch ein Trümmerhaufen - die Zerstörung Krefelds im Juni 1943
Abgeworfen wurden rund 2100 Tonnen von Minen-, Spreng-, Stabbrand- und Phosphorbrandbomben, viele davon fielen auch ins Hülser Bruch und Kempener Feld.
Blick vom Turm der Dionysiuskirche Richtung Westen. Foto: Stadtarchiv
Teil 52: 9./10. November 1938 Die Synagoge wird zerstört
In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 brach der Terror mit unglaublicher Wucht über die jüdische Bevölkerung herein.
Stadtplan Krefeld. Repro: Stadtarchiv
Teil 51: 1928-30 die Häuser Lange und Esters entstehen
Die beiden nebeneinander gelegenen Villen für die Direktoren der Vereinigten Seidenwebereien (Verseidag) Hermann Lange und Josef Esters entstanden in den Jahren 1928 bis 1930.
Haus Esters. Archivfoto: Volker Döhne
Teil 50: 1923 - die Separatistenunruhen in Krefeld
Um die 350 Krefelder sollen in den zwei Wochen der separatistischen Herrschaft aktiv gewesen sein.
Nach dem Kampf der Separatisten um das Rathaus. Repro: Stadtarchiv
Teil 49: 1922 - Gründung einer literarischen Gesellschaft
Die Literarische Gesellschaft gründete sich am 27. Februar 1922 als Unterabteilung des Sprachvereins. Das Programm war ambitioniert, mindesten einmal im Monat fand ein Vortrag statt.
Das Ricarda-Huch-Gymnasium. Repro: Stadtarchiv

Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916. Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916.
Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv

 

Informationen zur Reihe: Das Stadtarchiv blickt anlässlich des Stadtjubiläums in die Krefelder Geschichte

Prag. Freitag, 1. Oktober 1373. Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Reihenfolge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. „Das machen wir mit wissenswerten Beiträgen, aber auch mit humorvollen Geschichten", sagt Archivleiter Dr. Olaf Richter. Der Blick in die Historie richtet sich zwei Mal pro Woche nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds.