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Teil 22: Die zweite und dritte Stadterweiterung im 18. Jahrhundert

Veröffentlicht am: 08.05.2023

Historischer Stadtplan Krefelds. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Stadtarchiv Krefeld
Historischer Stadtplan Krefelds. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Stadtarchiv Krefeld

Die Stadt wird zum Verwaltungsort für die gesamte Grafschaft

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts gerät Krefeld ohne kriegerische Auseinandersetzungen unter preußische Herrschaft. Die Stadt wird zum Verwaltungsort für die gesamte Grafschaft und dadurch steigt auch die wirtschaftliche Kraft. Arbeitssuchende Leinenweber siedeln sich an, die Exportleistung steigt. Eine weitere Stadterweiterung wird notwendig und vom preußischen König Friedrich I. im Juni 1711 angeordnet. Mit der Leitung des Projekts beauftragt er den damaligen Drosten von Kinsky. Auf seinen Vorschlag wird ein Gebiet an der Südseite der bisherigen Stadt dafür vorgesehen. Diese sogenannte zweite Auslage erstreckt sich im Süden von der Marktstraße bis zur Stephanstraße. Dadurch entsteht bereits eine rechteckige Form des Grundrisses, die nur im Nordwesten durch eine Ausbuchtung auf den mittelalterlichen Kern verweist. Insgesamt werden knapp 60 neue Grundstücke geschaffen, Hauptachse ist die damalige Oberstraße (heute Hochstraße). Während die größeren Grundstücke für repräsentative Bauten der Kaufleute vorgesehen sind, siedeln sich an der verlängerten Königstraße vor allem Weber und Handwerker in kleineren Häusern an. Stadtmauer und Stadtgraben müssen erweitert werden, ein neues Stadttor (Fischelner Tor) entsteht. Das repräsentative Verbindungsstück zur alten Stadt bildet der Neumarkt, der in seiner Bedeutung zukünftig den bisher zentralen Schwanenmarkt ablösen wird. Zu den Käufern von Parzellen rund um den Neumarkt zählen die Bürgermeister Püll und Remkes, der Schöffe Fabritius und der Bürger Heskes. Die Mennoniten halten sich zu diesem Zeitpunkt mit Käufen noch zurück, was sich in späteren Jahren ändern wird.

 

Die mennonitischen Geschäftsleute nehmen am preußischen Kriegsdienst nicht teil und auch ihre Arbeiter können freigestellt werden, um die Produktion nicht zu gefährden und die Steuereinkünfte sicherzustellen. Viele Krefelder folgen dieser Devise und zahlen lieber eine Sondersteuer als den Kriegsdienst zu leisten. Das führt dazu, dass Krefeld zu einer wirtschaftlich erfolgreichen Insel des Friedens wird, die immer mehr Menschen anzieht. Schon 1738 wird eine dritte Erweiterung notwendig. Sie wird diesmal an der Nordseite bis zur heutigen Carl-Wilhelm-Straße vorgenommen. Nach dem preußischen Kronprinzen Friedrich (dem späteren Friedrich den Großen) soll die neue Auslage Friedrichstadt heißen. Planerischer Ausgangspunkt ist die bei der ersten Auslage entstandene Königstraße. Von ihrem Umfang her soll die neue Erweiterung das Gegenstück zur zweiten im Süden sein. Doch die notwendige Miteinbeziehung des Friedhofs führt dazu, dass die Ostseite weiter verschoben werden muss und sich der Linienführung des späteren Ostwalls annähert. Diese heute für Krefeld so charakteristischen Wälle werden erst 1819 mit dem berühmten Vagedes-Plan verwirklicht.
Die Mennoniten siedeln sich entlang der nördlich verlängerten Hochstraße (heute Friedrichstraße) an. Es entstehen charakteristische Häuserblocks mit Zugängen von zwei Straßen, Vor- und Hinterhäusern und Stallungen. Die soziale Gliederung wird stärker als bisher in den Grundstücksgrößen dokumentiert, insgesamt entstehen jetzt mehr Fabriken und eher herrschaftliche Häuser. An der Carl-Wilhelm-Straße erinnert bis heute ein preußischer Adler auf einer Hausfassade an diese dritte Auslage. Die Inschrift lautet: „Unter der Regierung Friedrich-Wilhelm I., des großmächtigsten Königs von Preußen, wurde die Erweiterung der Stadt um diesen Teil der Herrlichkeit im Jahre 1738 begonnen und unter Friedrich II. vollendet."

Alle Beiträge aus der Artikelreihe des Krefelder Stadtarchivs zum 650-jährigen Stadtjubiläum:
Teil 53: Krefeld ist nur noch ein Trümmerhaufen - die Zerstörung Krefelds im Juni 1943
Abgeworfen wurden rund 2100 Tonnen von Minen-, Spreng-, Stabbrand- und Phosphorbrandbomben, viele davon fielen auch ins Hülser Bruch und Kempener Feld.
Blick vom Turm der Dionysiuskirche Richtung Westen. Foto: Stadtarchiv
Teil 52: 9./10. November 1938 Die Synagoge wird zerstört
In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 brach der Terror mit unglaublicher Wucht über die jüdische Bevölkerung herein.
Stadtplan Krefeld. Repro: Stadtarchiv
Teil 51: 1928-30 die Häuser Lange und Esters entstehen
Die beiden nebeneinander gelegenen Villen für die Direktoren der Vereinigten Seidenwebereien (Verseidag) Hermann Lange und Josef Esters entstanden in den Jahren 1928 bis 1930.
Haus Esters. Archivfoto: Volker Döhne
Teil 50: 1923 - die Separatistenunruhen in Krefeld
Um die 350 Krefelder sollen in den zwei Wochen der separatistischen Herrschaft aktiv gewesen sein.
Nach dem Kampf der Separatisten um das Rathaus. Repro: Stadtarchiv
Teil 49: 1922 - Gründung einer literarischen Gesellschaft
Die Literarische Gesellschaft gründete sich am 27. Februar 1922 als Unterabteilung des Sprachvereins. Das Programm war ambitioniert, mindesten einmal im Monat fand ein Vortrag statt.
Das Ricarda-Huch-Gymnasium. Repro: Stadtarchiv

Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916. Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916.
Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv

 

Informationen zur Reihe: Das Stadtarchiv blickt anlässlich des Stadtjubiläums in die Krefelder Geschichte

Prag. Freitag, 1. Oktober 1373. Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Reihenfolge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. „Das machen wir mit wissenswerten Beiträgen, aber auch mit humorvollen Geschichten", sagt Archivleiter Dr. Olaf Richter. Der Blick in die Historie richtet sich zwei Mal pro Woche nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds.