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Teil 27: Krefeld zur Zeit der napoleonischen Herrschaft

Veröffentlicht am: 07.06.2023

In Folge der französischen Revolution endete in Krefeld nach fast 100 Jahren die preußische Herrschaft. 1798 wurde Krefeld ein Arrondissement, ein Jahr später war auch die Amtssprache Französisch. Zu diesem Zeitpunkt hatte Napoleon als Erster Konsul in Paris die Regierung übernommen. Fünf Jahre später krönte er sich selbst zum Kaiser, wenige Monate davor, im September 1804, war er in Krefeld zu Besuch. Die Stadt war inzwischen auf eine Größe von 10.000 Einwohnern herangewachsen. Gottschalk Floh, Mitglied des Seidenadels und einer der reichsten Männer Krefelds, spielte im Umgang mit den neuen Machthabern eine zentrale Rolle. 1804 übernahm er das Bürgermeisteramt, welches er zehn Jahre ausübte. Mit seiner Person sind auch zwei kuriose Geschichten verbunden, die bis heute gerne erzählt werden.

In dieser Zeit wurde die Straße Richtung Uerdingen weiter ausgebaut. Bis Bockum verlief sie schnurgerade durch das damalige Waldgelände. Einem weiteren geraden Verlauf stand das im Besitz von Floh befindliches Haus Neuenhofen entgegen. Damit die Straße um sein Grundstück herumgeführt wurde, machte der Bürgermeister dem verantwortlichen französischen General einen ungewöhnlichen Vorschlag: er legte den Straßenverlauf, der bis heute in einer großen Kurve durch Bockum führt, mit Goldstücken aus. Dieses mehr als großzügige Angebot konnten die Franzosen nicht ablehnen.

Haus Neuenhofen in Bockum.
Haus Neuenhofen in Bockum.

Bei der anderen Geschichte geht es darum, wie Krefeld gleich zu zwei Napoleon-Büsten kam. Als Bürgermeister wurde Gottschalk Floh mehrfach dazu aufgefordert, eine Büste des französischen Kaisers für das Rathaus zu bestellen. In Paris gab es damals ein entsprechendes Depot, das mit solchen Büsten und Statuen regen Handel trieb. Die Preise lagen zwischen 600 und 20.000 Francs. Floh bestellte die preisgünstigste Büste nach einer Vorlage des Künstlers Antoine-Denis Chaudet. Geliefert wurde allerdings eine andere, wertvollere Büste nach einem Modell des berühmten Bildhauer Canova, die das doppelte kostete. Begründet wurde das damit, dass die preiswertere Variante nicht verfügbar wäre. Floh war verärgert und argumentierte, dass die Canova-Büste, die Napoleon als jugendlichen Helden zeigt, diesem nicht so ähnlich wäre. Als Antwort bekam er die Bestätigung, dass der Kaiser tatsächlich inzwischen an „Embonpoint" (Körperfülle) zugelegt habe und ihm die Chaudet-Büste ähnlicher sei. Allerdings würden manche gerade den heroischen Charakter bei Canova schätzen. Floh erhielt die Zusage, jetzt doch das günstige Exemplar zu bekommen. Im September 1811 verschickt, traf sie wegen angeblicher Zollschwierigkeiten erst ein Jahr später in Krefeld ein. So kam Krefeld zu zwei Napoleon-Büsten, die sich heute im Bestand des Kaiser-Wilhelm-Museums befinden. Mit Napoleons Fall und der politischen Neuordnung auf dem Wiener Kongress änderten sich auch wieder in Krefeld die Machtverhältnisse.

Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. am 1. Oktober 1373 in Prag wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Folge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. Der Blick in die Historie richtet sich nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds. Alle Beiträge werden unter www.krefeld.de/1373 und www.krefeld650.de veröffentlicht.

Alle Beiträge aus der Artikelreihe des Krefelder Stadtarchivs zum 650-jährigen Stadtjubiläum:
Teil 38: Die Eröffnung des Stadtbads
Bei der Eröffnung hielt man das Krefelder Stadtbad für die schönste, prächtigste und luxuriöseste Badeanstalt im deutschen Kaiserreich.
Das Herrenbad um 1903. Foto: Stadtarchiv Krefeld
Teil 37: 1887: Der 100.000 Einwohner wird geboren - Krefeld ist Großstadt
Am 19. November 1887 meldete die Crefelder Zeitung unter der Rubrik „Crefelder Angelegenheiten": Gestern Morgen ist endlich der lange erwartete 100.000 Bürger unserer Stadt eingetroffen.
Spielende Kinder in Krefeld. Foto: Stadtarchiv Krefeld
Teil 36: 1880: Johannes Brahms in Krefeld
Johannes Brahms, geboren 1833 in Hamburg, lebte ab 1872 in Wien. Als er 1880 das erste Mal Krefeld besuchte, war er schon ein weltberühmter Komponist.
Die Abbildung zeigt Brahms am Flügel nach einer Zeichnung von Willy von Beckerath.
Teil 35: Der Friedrichsplatz
Seit seiner Entstehung im Zuge der Stadterweiterungen im 18. Jahrhundert ist er immer wieder verändert worden. Die letzte, grundlegende Neugestaltung hat 1989 stattgefunden.
Friedrichsplatz mit dem Germania-Denkmal. Repro: Stadtarchiv
Teil 34: Zwei Kirchen der Krefelder Innenstadt: Liebfrauenkirche und St. Stephan
Der 15. November 1854 verbindet zwei Kirchen der Krefelder Innenstadt auf besondere Weise. An diesem Tag wurden die Grundsteine für die Liebfrauenkirche und St. Stephan gelegt.
Postkarte der Stephanskirche. Repro. Stadtarchiv Krefeld

Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916. Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916.
Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv

 

Informationen zur Reihe: Das Stadtarchiv blickt anlässlich des Stadtjubiläums in die Krefelder Geschichte

Prag. Freitag, 1. Oktober 1373. Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Reihenfolge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. „Das machen wir mit wissenswerten Beiträgen, aber auch mit humorvollen Geschichten", sagt Archivleiter Dr. Olaf Richter. Der Blick in die Historie richtet sich zwei Mal pro Woche nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds.