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Teil 37: 1887: Der 100.000 Einwohner wird geboren - Krefeld ist Großstadt

Veröffentlicht am: 09.08.2023

1887: Der 100.000 Einwohner wird geboren - Krefeld ist Großstadt. Am 19. November 1887 meldete die Crefelder Zeitung unter der Rubrik „Crefelder Angelegenheiten": Gestern Morgen ist endlich der lange erwartete 100.000 Bürger unserer Stadt eingetroffen. Es ist der Sohn der auf der Prinz-Ferdinandstraße 115 wohnenden Eheleute Schlossergeselle Wilhelm Peschkes und Auguste Schlicker, welche vor kurzem aus St. Tönis zugezogen sind. Dem neuen Mitbürger, der am 18.d.M. geboren wurde, ist der Vorname Hermann gegeben worden."

Ebenfalls vom 19. November ist der Eintrag ins Standesamtsregister. Unter der Nummer 3596 wurde die Geburt angemeldet, die Urkunde befindet sich heute im Stadtarchiv. Einen Hinweis auf den besonderen Status des neuen Krefelders gibt es darin nicht, nur den Vermerk seines Todesdatums. Hermann Peschkes, der als Buchbinder tätig war, starb am 11. März 1959 in Hüls. Die Entwicklung zur Großstadt hatte sich in den Jahrzehnten zuvor angebahnt. Von 1840 bis 1850 wuchs die Bevölkerung um 43%, bis 1860 um weitere 41 %. In den sieben Jahren von 1873 bis 1880 stieg die Zahl von 57.000 auf 74.000 Einwohner. Entsprechend hoch war die Wohndichte in der Innenstadt, was auch zunehmend hygienische Probleme nach sich zog. Die Vermischung von Wohnen und intensiver gewerblicher Tätigkeit erforderte sowohl eine entsprechende Wasserversorgung, als auch eine Abwasserentsorgung. In den Jahren 1871/72 gab es über 500 tödliche Pockenfälle in Krefeld. In Folge davon wurde eine die gesamte Stadt umfassende, zum Rhein führende Kanalisation realisiert. Durch die rasant steigenden Einwohnerzahlen wurde in den 1870er Jahren viel gebaut, fast 1000 neue Wohnhäuser entstanden. Krefeld war zu diesem Zeitpunkt der zentrale Ort des textilproduzierenden Niederrheins. Eine Maschinenindustrie, die sich in benachbarten Städten durch ganze Schornsteinbatterien bemerkbar machte, gab es hier nicht. So beschrieb der Schweizer Wissenschaftler Alphons Thun die Stadt noch Ende der 1870er Jahre so: „Krefeld ist eine stille, freundliche Stadt: keine Fabrikschlote, kein hastiges Drängen von Arbeitern, nur lange Scharen junger Mädchen wallen mittags zu den Comtoirs. Die Bedeutung der Industrie kann nicht nach der Größe der Stadt bemessen werden."

Spielende Kinder in Krefeld. Foto: Stadtarchiv Krefeld
Spielende Kinder in Krefeld. Foto: Stadtarchiv Krefeld

In den 1880er Jahren expandierte der Baumarkt. Daraufhin strömten viele arme Weberfamilien vom Land in die Stadt, um hier bessere Arbeit zu finden. Allerdings stiegen in diesen Jahren auch die Mietpreise und eine Familie musste bis zu einem Drittel ihres Einkommens dafür aufbringen. Wirtschaftliche Veränderungen brachte die zunehmende Ablösung der Handweberei durch mechanische Webereien. Durch diese entstand eine Fabrikindustrie. Gab es 1881 noch 2531 Färber gegenüber 666 Fabrikarbeitern in mechanischen Webereien, so dominierten zehn Jahre später unter der Arbeiterschaft die Fabrikweber. Die meisten von ihnen waren katholisch, der Anteil der katholischen Bevölkerung lag jetzt insgesamt bei 80 %. Die Ernennung zur Großstadt löste in Krefeld große Begeisterung aus, zumal mit Blick auf die als Konkurrenz empfundene Stadt Düsseldorf, die ursprünglich mal kleiner als Krefeld gewesen war. Dreizehnmal in der Woche erschienen jetzt in Krefeld die Tageszeitungen, jeweils mit einer Morgen- und einer Mittagsausgabe. Nach Berliner Vorbild konnte die Druckerei Busch du Fallois Söhne in der inneren Stadt 20 Litfaßsäulen aufstellen. Die Zahl von 200.000 Einwohnern erreichte Krefeld dann im Jahr 1956. Am 17. Oktober wurde ein Mädchen namens Beate geboren. Sie erhielt von der Stadt ein Sparbuch über 200 DM.

Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. am 1. Oktober 1373 in Prag wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Folge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. Der Blick in die Historie richtet sich nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds. Alle Beiträge werden unter www.krefeld.de/1373 und www.krefeld650.de veröffentlicht.

Alle Beiträge aus der Artikelreihe des Krefelder Stadtarchivs zum 650-jährigen Stadtjubiläum:
Teil 57: 1980er Jahre - Die Philadelphiade und der Krefelder Appell
Mit dieser Folge endet die Reihe des Stadtarchivs Krefeld.
Von links: OB Dieter Pützhofen empfängt mit seiner Frau Angelika besondere Gäste: Bundespräsident Karl Carstens; Veronika Carstens, US-Vizepräsident George Bush, Barbara Bush, Hannelore Kohl und Bundeskanzler Helmut Kohl. Foto: Stadtarchiv Krefeld
Teil 56: Architektur der 1970er Jahre - der „Mississippi-Dampfer" und das Seidenweberhaus
Auch Krefeld hat, nach den starken Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg, im Zuge des Wiederaufbaus sein Gesicht sehr stark verändert.
Das Seidenweberhaus. Foto: Stadtarchiv Krefeld
Teil 55: 1964 erste Städtepartnerschaft mit Venlo
Im Jahr 2024 gibt es in Krefeld wieder ein Jubiläum zu feiern. Dann blickt die Städtepartnerschaft mit Venlo auf ihr 60jähriges Bestehen zurück. Am 21. November 1964 wurde die Urkunde im Krefelder Rathaus unterzeichnet.
Unterzeichnung der Städtepartnerschaft. Foto: Stadtarchiv
Teil 54: 1950 - die „Theaterehe" zwischen Krefeld und Mönchengladbach wird geschlossen
Im Jahr 2025 feiert der Zusammenschluss der Theater Krefeld und Mönchengladbach sein 75jähriges Bestehen.
Ansicht Stadttheater 1965 nach dem Umbau. Foto: Stadtarchiv
Teil 53: Krefeld ist nur noch ein Trümmerhaufen - die Zerstörung Krefelds im Juni 1943
Abgeworfen wurden rund 2100 Tonnen von Minen-, Spreng-, Stabbrand- und Phosphorbrandbomben, viele davon fielen auch ins Hülser Bruch und Kempener Feld.
Blick vom Turm der Dionysiuskirche Richtung Westen. Foto: Stadtarchiv

Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916. Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916.
Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv

 

Informationen zur Reihe: Das Stadtarchiv blickt anlässlich des Stadtjubiläums in die Krefelder Geschichte

Prag. Freitag, 1. Oktober 1373. Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Reihenfolge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. „Das machen wir mit wissenswerten Beiträgen, aber auch mit humorvollen Geschichten", sagt Archivleiter Dr. Olaf Richter. Der Blick in die Historie richtet sich zwei Mal pro Woche nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds.