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Teil 38: Die Eröffnung des Stadtbads

Veröffentlicht am: 16.08.2023

Bei der Eröffnung hielt man das Krefelder Stadtbad für die schönste, prächtigste und luxuriöseste Badeanstalt im deutschen Kaiserreich. Seit zwanzig Jahren ist der aktive Schwimmbetrieb im Stadtbad Neusser Straße eingestellt, aber es gibt Pläne und Initiativen, die das Architekturjuwel in der südlichen Innenstadt wieder zu neuem Leben erwecken wollen.

Doch schauen wir zurück in das Jahr 1890. Im April eröffnete das seit 1882 geplante Bad seine Türen. Die Crefelder Zeitung schwärmte damals: „Die ganze Ausstattung ist bis in die kleinste Einzelheit so schön, prächtig und gediegen und so zweckmäßig, dass man nach der Besichtigung über die Höhe der Kosten des Stadtbades durchaus nicht mehr in Erstaunen gerät. Was den Gesamteindruck betrifft, den die Anstalt auf jeden Besucher macht, so müssen wir wiederholen, dass derselbe in jeder Beziehung ein großartiger ist."

Das Herrenbad um 1903. Foto: Stadtarchiv Krefeld
Das Herrenbad um 1903. Foto: Stadtarchiv Krefeld

Die Ausstattung war erstklassig. Es gab ein getrenntes Schwimmbad für Herren und eines für Damen sowie Dusch-und Wannenbäder in drei verschiedenen Klassen bis hin zum so genannten „Kaiserbad", einem luxuriösen Salonbad. Das ebenso elegante irisch-römische Bad mit Dampfbad und Sauna war aufgrund seines Eintrittspreises nur der wohlhabenden Bevölkerung vorbehalten. Man konnte sich mit Massagen behandeln lassen und es gab eine medizinische Bäderabteilung mit Wannenbädern. Darüber hinaus wurde optisch einiges geboten. So kamen alle Fliesen aus derselben Fabrik, die über zwei Jahre benötigte, um das Material zu produzieren. Die Fliesen und die daraus hergestellten aufwändigen Mosaiken, gehörten zu den teuersten, die man seinerzeit kaufen konnte. Sämtliches Material wurde fugenlos verlegt, eine Technik, die heute kaum noch jemand beherrscht. In den Umkleidekabinen gab es Kristallspiegel mit Eichenrahmen. Auch die Möbel in der ersten Klasse waren aus Eichenholz, die der zweiten Klasse dagegen aus Kiefernholz. Auf den Fußböden hatte man Kokosmatten ausgelegt, um die Rutschgefahr zu mindern.

Entsprechend hoch waren am Ende die Kosten. Die ursprünglich veranschlagten Baukosten von 200.000 Mark wurden jedoch mit 919.134,89 Mark bei weitem überschritten. Der Versuch, diese Mehrkosten durch Investoren abzufedern, scheiterte und so musste die Stadt alleine für diese Summe aufkommen.1897 wurde die Brausenabteilung eröffnet. Das Duschen für 10 oder 25 Pfennig inklusive Handtuch und Seife wurde ausgiebig genutzt, da viele Wohnungen damals noch kein eigenes Badezimmer besaßen. Das Bad benötigte große Mengen Wasser und vor allem für die Sauna, das Dampfbad und die heißen Wannenbäder sehr viel Kohle zum Heizen. Trotzdem ließen sich die Hallenbäder nicht auf mehr als 19 Grad erwärmen. Als die Kohle im Ersten Weltkrieg knapp wurde, musste das Bad zum ersten Mal für längere Zeit geschlossen bleiben. Eine Wasseraufbereitung war seinerzeit noch nicht üblich. Vor allem im Sommer trübte sich das Wasser schnell ein und musste in Spitzenzeiten bis zu dreimal innerhalb einer Woche ausgetauscht werden.

Nach dem Krieg wurde der Betrieb wiederaufgenommen. 1925 kam dann das Freibad hinzu, das mit Wasserspielen und Säulen ebenfalls sehr elegant ausgestattet war. Eine weitere künstlerische Ausgestaltung kam erst viel später dazu. 1961 schuf der bekannte Krefelder Künstler und Bühnenbildner Fritz Huhnen in dem mit Stuck verzierten Wandelgang ein Wandbild mit Schwimmern in zarten Blautönen. In seiner eher abstrakten Formensprache bildet es einen reizvollen Kontrast zur Architektur des 19. Jahrhunderts. Als Badezimmer in Wohnungen zum Standard gehörten, wurde die Funktion einer Badeanstalt immer unwichtiger. Stattdessen bekamen (Schul-)Sport und Freizeit immer größere Bedeutung. So war das Stadtbad in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ein überaus beliebter Freizeit-und Erholungsort für alle Krefelder.

Seit der Schließung gibt es viele Überlegungen für eine Reaktivierung. Seit 2018 ist der Verein Freischwimmer e.V. aktiv und ist dabei, die Infrastruktur in relevanten Teilen des Geländes wiederherzustellen. Dahinter steckt die Idee, aus dem verlassenen Stadtbad einen schönen und verbindenden Ort für alle zu machen. Gerade der ehemalige Freibadbereich, den die Natur sich wieder ein Stück weit zurückerobert hat, zeichnet sich durch eine besondere Atmosphäre aus. Davon profitieren Lesungen, Kino und Tanzveranstaltungen, die hier in jüngerer Zeit stattgefunden haben. Aktuell gibt es erste Architekturentwürfe für das Freischwimmer-Gelände. Die Geschichte des Stadtbads geht weiter.

Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. am 1. Oktober 1373 in Prag wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Folge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. Der Blick in die Historie richtet sich nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds. Alle Beiträge werden unter www.krefeld.de/1373 und www.krefeld650.de veröffentlicht.

Alle Beiträge aus der Artikelreihe des Krefelder Stadtarchivs zum 650-jährigen Stadtjubiläum:
Teil 43: Johan Thorn Prikker und die Kunstgewerbeschule
Nach seiner kurzen Krefelder Zeit hat Thorn Prikker hier bedeutende Spuren hinterlassen. Zu den schönsten Beispielen zählen zwei Fenster in der Liebfrauenkirche.
Wandbild "Lebenszyklus" im Kaiser-Wilhelm-Museum. Foto: Stadtarchiv Krefeld
Teil 42: 1906 - Die Tanzhusaren kommen nach Krefeld
Am 20. Juni besuchte Kaiser Wilhelm II. mit seiner Gemahlin Auguste Viktoria für wenige Stunden die Stadt. Anlass war das 200jährige Jubiläum der Zugehörigkeit zur Krone Preußens.
Wilhelm II. zieht an der der Spitze des Husaren-Regiments Nr. 11 am 2. April 1906 in Krefeld ein. Der Maler Carl Röhling hielt dieses Ereignis fest. Repro. Stadtrchiv
Teil 41: Die Uraufführung der 3. Sinfonie von Gustav Mahler im Juni 1902
In der prächtigen Stadthalle an der St. Anton-Straße fand im Juni 1902 das vierte Konzert statt. Am Dirigentenpult stand der Komponist selbst.
Musikdirektor Theodor Müller-Reuter mit Chor und Orchester in der Stadthalle im Rahmen des 38. Tonkünstlerfests im Juni 1902.Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Teil 40: Fiktiver Spaziergang durch die Stadt um 1900
Krefeld um 1900. Ein Mann spaziert an einem milden Septembertag durch seine Stadt. Er heißt Gustav Schmidt und ist im Krefelder Adressbuch auf der Marktstraße 71 als Musiker gemeldet.
Der historische Bismarckplatz.Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Teil 39: Die Eröffnung des Kaiser Wilhelm Museums im Jahr 1897
Es zählt zu den schönsten noch erhaltenen historischen Gebäuden der Krefelder Innenstadt. Das Kaiser Wilhelm Museum am Karlsplatz (heute Joseph Beuys Platz) blickt inzwischen auf eine über 125jährige Geschichte zurück.
Das Kaiser-Wilhelm-Museum nach 1912.Bild: Stadtarchiv

Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916. Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916.
Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv

 

Informationen zur Reihe: Das Stadtarchiv blickt anlässlich des Stadtjubiläums in die Krefelder Geschichte

Prag. Freitag, 1. Oktober 1373. Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Reihenfolge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. „Das machen wir mit wissenswerten Beiträgen, aber auch mit humorvollen Geschichten", sagt Archivleiter Dr. Olaf Richter. Der Blick in die Historie richtet sich zwei Mal pro Woche nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds.