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Teil 5: Das Heiligtum von Elfrath

Veröffentlicht am: 08.03.2023

Die Tempelanlage in Krefeld-Elfrath in den 1980er-Jahren. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Die Tempelanlage in Krefeld-Elfrath in den 1980er-Jahren.
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Das „Heiligtum von Elfrath"

Wenn man auf dem Europaring stadtauswärts fährt und an der Kreuzung Werner-Voß-Straße links nach Elfrath abbiegt, kommt man an einem Gelände mit uralter Geschichte vorbei. Archäologen unter der Leitung von Dr. Christoph Reichmann, dem ehemaligen Leiter des Museums Burg Linn, brachten 1988 dort die heute als „Heiligtum von Elfrath" bezeichnete Anlage zum Vorschein. Römische Scherben und Ziegel wurden bereits im Zusammenhang mit dem Bau der benachbarten Sportanlage gefunden. Deshalb hofften die Archäologen an dieser Stelle, weitere Spuren aus der Römerzeit zu finden. Die Archäologen vermuteten auf dem Areal eine römische Villa. Bei ihren Grabungen stießen sie dann aber auf eine Sensation. Auf der heute frei zugänglichen Grünfläche entdeckten sie eine Tempelanlage, die sich innerhalb eines von Gräben eingefassten heiligen Bezirks befand.

Die Grundmauern des Tempels weisen auf eine Größe von 16 mal 10,5 Meter hin, der heilige Bezirk erstreckt sich über eine Fläche von 127 mal 55 Metern. Rings um den Tempel entdeckte man Podeste von Weihesteinen und einen Opferschacht. Zudem wurden Spuren einer Straße freigelegt sowie mehrere Öfen. Zu den besonderen Funden zählt eine sehr gut erhaltene Gewandspange (Fibel) aus Bronze. In ihrer Nähe fanden sich Hinweise eines zentral gepflanzten Baumes, dem innerhalb des heiligen Bezirks wohl eine wichtige Bedeutung zukam. Neben der zugeschütteten Wurzelgrube konnten auch einige Blattabdrücke im Mörtel der Tempelreste festgestellt werden.

Die Archäologen datieren den ursprünglich sehr massiven Steintempel auf das 2. Jahrhundert nach Christus. Sie gehen davon aus, dass es an dieser Stelle bereits in vorrömischer Zeit ein Heiligtum existierte. Nach Reichmann handelt es sich bei dem Bauwerk um einen klassischen Podiumstempel, der für ein ländliches Heiligtum ungewöhnlich ist und zu dem es in den germanischen Provinzen des Römischen Reiches keine Entsprechung gibt. Zur Bedeutung des Heiligtums führte Reichmann aus, dass in diesem Zeitraum Tempel einerseits römischen Göttern geweiht, die anderen von der einheimischen Bevölkerung für deren Götter errichtet wurden. Vieles spreche dafür, dass es sich in Elfrath um die zweite Variante gehandelt habe.

Die Grabung in Krefeld-Elfrath in den 1980er-Jahren. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Die Grabung in Krefeld-Elfrath in den 1980er-Jahren. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Hinweise auf eine zeitgleiche Besiedlung in der unmittelbaren Nähe des Heiligtums liegen nicht vor. Die bei den Ausgrabungen gefundenen Tongefäße, Öfen und zwei Mahlsteine weisen auf Kulthandlungen hin, bei denen nicht nur eine besondere Brotspeise, sondern auch ihre Zubereitung von Bedeutung gewesen sein muss. Die bruchstückhaft erhaltenen Weihesteine lassen aber kein konkretes Kultbild erkennen. Wenige Buchstaben auf einem Fragment deuten auf eine Inschrift und damit vielleicht sogar auf den Namen der verehrten Gottheit hin. Es könnte sich um den in der römischen Provinz verehrten und auch mit den Franken in Beziehung stehenden Gott „Hercules Deusoniensis" handeln. Auch die Entdeckung eines ebenfalls nur fragmentarisch erhaltenen kleinen Apollo-Kopfes aus Terrakotta könnte eine Spur sein. Nach der Einschätzung der Archäologen wurde das Heiligtum im 3. Jahrhundert zerstört. Danach geriet der Ort bis zu seiner Entdeckung vor 35 Jahren in Vergessenheit.

Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. am 1. Oktober 1373 in Prag wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Folge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. Der Blick in die Historie richtet sich nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds.

 

Alle Beiträge aus der Artikelreihe des Krefelder Stadtarchivs zum 650-jährigen Stadtjubiläum:
Teil 53: Krefeld ist nur noch ein Trümmerhaufen - die Zerstörung Krefelds im Juni 1943
Abgeworfen wurden rund 2100 Tonnen von Minen-, Spreng-, Stabbrand- und Phosphorbrandbomben, viele davon fielen auch ins Hülser Bruch und Kempener Feld.
Blick vom Turm der Dionysiuskirche Richtung Westen. Foto: Stadtarchiv
Teil 52: 9./10. November 1938 Die Synagoge wird zerstört
In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 brach der Terror mit unglaublicher Wucht über die jüdische Bevölkerung herein.
Stadtplan Krefeld. Repro: Stadtarchiv
Teil 51: 1928-30 die Häuser Lange und Esters entstehen
Die beiden nebeneinander gelegenen Villen für die Direktoren der Vereinigten Seidenwebereien (Verseidag) Hermann Lange und Josef Esters entstanden in den Jahren 1928 bis 1930.
Haus Esters. Archivfoto: Volker Döhne
Teil 50: 1923 - die Separatistenunruhen in Krefeld
Um die 350 Krefelder sollen in den zwei Wochen der separatistischen Herrschaft aktiv gewesen sein.
Nach dem Kampf der Separatisten um das Rathaus. Repro: Stadtarchiv
Teil 49: 1922 - Gründung einer literarischen Gesellschaft
Die Literarische Gesellschaft gründete sich am 27. Februar 1922 als Unterabteilung des Sprachvereins. Das Programm war ambitioniert, mindesten einmal im Monat fand ein Vortrag statt.
Das Ricarda-Huch-Gymnasium. Repro: Stadtarchiv

Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916. Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916.
Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv

 

Informationen zur Reihe: Das Stadtarchiv blickt anlässlich des Stadtjubiläums in die Krefelder Geschichte

Prag. Freitag, 1. Oktober 1373. Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Reihenfolge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. „Das machen wir mit wissenswerten Beiträgen, aber auch mit humorvollen Geschichten", sagt Archivleiter Dr. Olaf Richter. Der Blick in die Historie richtet sich zwei Mal pro Woche nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds.